Der Orient, Teil V: Von antiken Schätzen, Beduinen-Kaffee und dem greisen Moses

Foto reiseuhu.de: Amman, Jordaniens Hauptstadt

Forts.: Auf einem unserer Ausflüge erzählte der Reiseführer von einem Mann, der bei seinem Gang durch die Wüste beinahe verdurstete. Als er endlich einen tiefen Brunnen fand, stürzte er sich hinein und trank und trank. Der Versuch, wieder hinauszuklettern, scheiterte, weil die Wände sehr hoch und aalglatt waren. Wie kam er schließlich heraus? Denn er kam heraus. Großes Rätselraten. „Nass!!“ grinste Younes.

Foto Jordanienonline.de: Blick auf die fruchtbare Ebene

Im Gegensatz zur Wüste ist das Jordantal äußerst fruchtbar. Hier wachsen Orangen-, Zitronen- und Mandarinenbäume, weiden Schafherden und wilde Kamele. Allerdings ist dieses prächtige Stück Natur in Gefahr. Denn das Tote Meer ist ein Binnengewässer, das über keinerlei Abfluss verfügt. Es hat lediglich Zuflüsse, von denen der Jordan der größte ist. Aufgrund der Wasserknappheit im Nahen Osten wird dem Jordan das meiste Wasser entnommen, bevor er das Tote Meer erreicht. Das hat die fatale Folge, dass das Gewässer, welches permanent verdunstet, nicht genügend neues Wasser erhält, um seinen Wasserspiegel zu halten. Somit nimmt der Salzgehalt im Toten Meer zu und seine Größe wie auch sein Wasserspiegel nehmen ab. Da der Meeresspiegel pro Jahr um einen Meter sinkt, könnte das Tote Meer in 30 Jahren verschwunden sein.

Photo by Ryan Baker on Pexels.com

Per Taxi liessen wir uns an einem der letzten Tage ins Handwerks- und Kunstzentrum KanZaman führen. KanZaman ist ein ehemaliges, von einer Mauer umgebenes Dorf, in dem heute Weber, Glas- und Silberkünstler sowie wunderschöne Läden untergebracht sind, und wo abends folkloristische Darbietungen stattfinden. Das Dorf wurde von Königin Alia gegründet, und deshalb kann man auch darauf vertrauen, echte Handwerkskunst zu einem realen Gegenwert zu erhalten. Wow, endlich tolle Läden!! Anstatt mit DEM MANN Tee zu trinken, machte ich eine fast schon euphorische Einkaufstour. Das kostbarste Stück, das ich in einem kleinen Antiquitätenladen erstand, war für mich eine römische Münze aus dem 3. Jahrhundert nach Christus mit Kaiser Constantins eingeprägtem Antlitz, die in der ehemaligen römischen Ruinenstadt Jerash gefunden wurde. Die Einfassung symbolisiert sowohl die Kirche wie auch die Friedenstaube. Laut Chef-Numismatiker der Berner Kantonalbank ist sie echt! Juhui! Es ist zwar keine ausgesprochen seltene, sondern eine Alltagsmünze, die den Toten als Grabbeigabe mitgegeben wurde, aber immerhin.

Foto Elisa: Mein römischer Anhänger
Foto: fr.numista.com: Kaiser Constantin II

Als wir KanZaman etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang verliessen, gab der Chauffeur Gas, um uns noch den Mount Nebo (wenn auch bei schwindendem Tageslicht) erleben zu lassen. Nach der Legende liegt auf dem Mount Nebo Moses begraben. Und von hier aus soll ihm Gott das verheißene Land gezeigt haben, ohne ihm jedoch zu erlauben, es in seinem Leben je zu betreten, wie wir aus der Bibel wissen.

Foto roadunraveled.com: Gipfelkreuz mit Schlange auf dem Mount Nebo mit Blick ins Heilige Land

Da standen DER MANN und ich also kurz vor Sonnenuntergang auf dem Gipfel neben dem hohen Kreuz mit der Schlange, und zu unsern Füssen breitete sich die karge jordanische Landschaft aus, dahinter war im Dunst das fruchtbare Jordan-Tal, dann das Tote Meer und am gegenüberliegenden Ufer Israel, eben das verheißene Land, zu sehen. Von der Basilika, wo ein katholischer Priester für eine Gruppe Christen die Heilige Messe zelebrierte, wehten Gebete und leise Kirchenmusik herüber. Es war ein tief ergreifender Moment, wie wir so dastanden auf heiligem, uraltem Grund, im weichen, warmen, sich langsam ändernden Licht der untergehenden Sonne und der in Gold getauchten, wüstenartigen Landschaft zu unseren Füssen. Auf der ausgedehnten Rückfahrt ins Tal, den erstaunlich lange im Dämmerlicht liegenden Berg hinunter, kosteten wir die feierliche Stimmung bis zur Neige aus.

Foto artistry.love:
Sonnenuntergang auf dem Mount Nebo

Im Hotel erwartete uns eine «Arabian Night» mit feinem Beduinen-Essen und frisch gebrautem Kaffee. Dazu stand ein kleiner Ofen auf einem (natürlich echten) Orient-Teppich, und der Kaffee wurde mittels Holzfeuer zubereitet. Große Enttäuschung für uns kaffee-affinen Schweizer: es gab pro Person nur einen kleinen Schluck aus einem winzigen Tässchen. Dennoch hatten wir von den Schätzen Arabiens an diesem Tag besonders viel gekostet und freuten uns darüber.

Photo by Engin Akyurt on Pexels.com
Foto Elisa:
Der „Kaffee“-Beduine

Es gäbe noch einiges zu erzählen, aber ich lasse es damit bewenden. Eine Gegend, ein Land selbst zu entdecken, macht noch mehr Freude, nicht wahr?

Wir und der König
Foto jordanien.de: Markt in Amman

Ende.

PS: In eigener Sache: Ich mache PAUSE bis im März, da ich mich in den nächsten Wochen einer Operation des grauen Stars an den Augen unterziehen muss und diese daher etwas schonen muss. Das gilt fürs Schreiben und fürs Lesen am PC. Bis bald, liebe Grüße, Eure Elisa
08.02.2023

Der Orient, Teil IV: Noch mehr rosa Felsen (Forts. Petra)

Forts.Petra: Wir kehren zurück zu den Glanzzeiten der Nabatäer. Sie beherrschten die Handelsrouten des antiken Arabiens (insbesondere die Weihrauchstrasse), indem sie Zölle erhoben und im Gegenzug dafür die mit indischen Gewürzen und Seide, afrikanischem Elfenbein und Tierhäuten beladenen Karawanen beschützten, die sich hier auf ihrem Weg in den Norden eine Ruhepause gönnten und frisches Wasser für Mensch und Tier „tankten“.

Photo by Adam Sabljakoviu0107 on Pexels.com

In der Neuzeit hat man an den Felsen am Wegrand Richtung Petra eingeritzte Namen und Botschaften gefunden. Sie lassen den Schluss zu, dass sich die Karawanen jeweils monatelang auf der Reise befanden – einer gefährlichen, entbehrungsreichen Reise, nicht nur wegen der beschwerlichen Pfade. Mörderische Räuberbanden gierten nach den kostbaren Transportgütern, so dass unterwegs äußerste Vorsicht geboten war.

Foto travelwithbrothers.com: das Kloster El Deidre

Was muss das für eine lebhafte, von Mensch und Tier wimmelnde, erstaunliche Stadt inmitten der Wüste gewesen sein – mit majestätischen Bauwerken, feiner Kultur, sprudelndem Wasser, Palmenhainen, leuchtenden Blumen und saftigen Früchten! Welch glanzvoller Reichtum, verborgen hinter hohen Bergen! Versetzen wir uns ein paar Minuten in einen nabatäischen Karawanenführer. Fühlen wir seine Erleichterung, sein Glück, wenn er müde und durstig dort ankommt und – unerwartet fast – auf breiten Promenaden in diese blühende Stadt hineinschreitet?

Photo by Alex Azabache on Pexels.com

Ihre Toten höhlten die Nabatäer aus (ih!) und füllten sie mit Salz, bevor sie sie bestatteten. Man weiß nicht genau, welche Gebäude als Heiligtümer, Paläste oder Gräber, oder als Gräber und Häuser dienten. Eines weiss ich hingegen sicher: Eine der Höhlen dient jetzt als Touristen-Toilette – mit den marmorartigen Steinmustern fand ich sie die schönste Toilette der Welt – was DER MANN mit einem ungläubigen Lächeln quittierte.

Natürlich sind seit unserem Besuch 1999 weitere Ausgrabungen gemacht worden. Teile der Geschichte Petras werden also immer wieder neu geschrieben. Noch ist Vieles unbekannt. Bis heute gelten die Nabatäer als geheimnisvolles Volk.

Zu meinem letzten Beitrag erreichte mich von Bloggerin Gisela Seidel dieser ergänzende und korrigierende Kommentar, der mir sehr wertvoll erscheint:

Danke für Deinen interessanten Reisebericht über eine der bedeutendsten Städte des Nabatäerreiches. Dieser Volksstamm war zunächst ein Räuberclan. Es ist kaum vorstellbar, dass ein primitives Nomadenvolk zu solch imposanten Bauwerken fähig ist. Der Weg dorthin ist ein Abenteuer für sich. Kaum zu glauben, dass hier vormals 30.000 Menschen lebten. Von wem stammt die Annahme, die Nabatäer seien das erste Volk gewesen, das sich geschlossen zum Christentum bekannte? (Von unserem Reiseleiter, Elisa) Das Christentum war ab 363 n. Chr. Staatsreligion, 636 wurde es durch eine Schlacht wieder muslimisch. Soweit ich weiß, glaubten die Nomaden zunächst an viele Götter. Es ranken sich viele irreführenden Überlieferungen um dieses Volk. Auf keinen Fall stammen sie vom Urenkel Abrahams statt. Die nabatäischen Schriften ähnelten der aramäischen Sprache (die Jesus sprach, Elisa) Später, ab dem 4. Jahrhundert, ging die Sprache in das Arabische über.

Foto: KHALIL MAZRAAWI: Das „Schatzhaus“ fasziniert immer wieder neu

Als die Römer die reiche Stadt erobern wollten, kappten sie die Wasserleitungen. Und sie hatten richtig überlegt: Im Jahre 106 n.Chr. konnten sie Petra erobern. 363 wurde die Glanzvolle leider von einem schweren Erdbeben heimgesucht und stark zerstört. Nach weiteren Erdbeben in den Jahren 419, 551 und 747 sowie nach der Eroberung der Region durch die Muslime 636 verließen die letzten Einwohner im Mittelalter die Stadt, die längst ihre Bedeutung und ihren Reichtum verloren hatte.

Photo by Anthony : ) on Pexels.com

Touristen sollten Petra während der regnerischen Jahreszeit, so ab November, möglichst NICHT besuchen, da das Wassersystem nicht mehr funktioniert. Bereits leichter Regen kann Sturzbäche, ja heftige Wasserfälle zur Folge haben, und dann steigt das Wasser in der Schlucht rasant an. Dieser Umstand wird leider nicht ernst genug genommen. In den 60er Jahren ertrank eine französische Reisegruppe samt Reiseführer während starker Regenfälle im Siq, 2018 wurden Tausende Touristen aus der antiken Stadt auf dramatische Art gerettet, es gab ebenfalls einige Tote, und im letzten Dezember mussten erneut 1700 Menschen evakuiert werden. Wir empfanden Petra im September als angenehm kühl, im Gegensatz zu den Temperaturen am Toten Meer. Man muss die Stadt also nicht erst im Winter besuchen.

Foto: AP Photo/Sam McNeil: Bei Regen wird’s hier ungemütlich, Regen-Pelerinen nützen da nicht viel

Mit Erfindergeist preisen die Beduinen für den Rückweg das Reiten auf einem Kamel, einem Pferd oder Esel als „transport with air-conditioning“ an. Lassen wir uns verlocken, traben gemeinsam los?

Ach nein, heute verzichte ich! Meine damaligen Reitversuche auf einem braven Pferdchen endeten ziemlich kläglich, da ich meiner Lebtag noch nie auf einem Pferderücken gesessen war. Schief hing ich im Sattel, hielt mich krampfhaft an Ross und Zügeln fest, um nicht hinunter zu fallen – was den Reiseleiter zur Bemerkung reizte, ich sähe aus wie eine zerquetschte Zitrone. Dann lachte er sich krumm, dieser Frechling, während ich mich weiterhin stumm abmühte. Kann man in einer solchen Situation etwa noch schlagfertig sein?

Photo by Yasir Gu00fcrbu00fcz on Pexels.com

Auch Petra zählt zu den „Neuen Sieben Weltwundern“. Faszinierende Bilder, nicht wahr? Vielleicht wart Ihr schon vor mir dort. Dann wisst Ihr, warum man die antike Stadt auch „die Erhabene“ nennt. Wenn nicht: nichts wie hin – es lohnt sich! (Forts. folgt)

Postkarte: Blick von den Felsen hinunter
auf El Deidre

Eure noch immer pferdescheue Elisa
04.02.2023

Im Orient, Teil III: Von Weihrauch, Nomaden und rosa Felsen

Foto naturalbeauty.de:
Brennender Weihrauch

(Forts.)

Habt Ihr schon einmal vom alten Volk der Nabatäer gehört, die 169 vor Chr. die legendäre rosarote Felsenstadt Petra im Süden Jordaniens gründeten? Man vermutet, dass sie von den Urenkeln Abrahams abstammten. Jedenfalls befindet sich auf einem der hohen Felsen ein uralter Altar, auf dem Abraham seinen Sohn Isaac hätte opfern sollen. (Wie merkwürdig: In Jerusalem hörten wir dieselbe Geschichte, allerdings war dort der Tempelberg Ort des Geschehens!) Auch das Grab Aarons, Moses‘ älterem Bruder, wird in dieser Gegend vermutet und durch einen weißen, weitherum sichtbaren Schrein auf einer Bergkuppe gekennzeichnet. Immerhin gelten die Nabatäer als das erste Volk, das sich geschlossen zum Christentum bekannte.

Photo by Tomu00e1u0161 Malu00edk on Pexels.com

Sie wurden nach langen Jahren des Nomadenlebens dort sesshaft. Unfruchtbare Landstriche verwandelten sie in blühende Gärten. Ihre Karawanen brachten Weihrauch, Myrrhe und andere Schätze aus dem Süden Arabiens und verhalfen ihnen zu unermesslichem Reichtum. Auch ein von ihnen geschaffenes raffiniertes Wassersystem mit Dämmen und Kanälen trug wesentlich dazu bei.

Nicht weniger Staunen weckt ihr bildhauerisches Können. Anstatt die Gebäude ihrer Stadt zu errichten, schlugen und meißelten sie sie aus dem Felsen, wobei sie geschickt die natürliche farbenprächtige Schönheit des Gesteins, von rosa bis tiefrot, von beige, braun bis Purpur und Ocker, und seine marmorartigen Muster ausnutzten. Die sogenannten Fassaden, durch die man in die Gebäude gelangte, stehen meist auf hohen Felsvorsprüngen, und die größte ist von dort aus nochmals etwa 50m hoch und breit.

Seit jeher geheimnisvoll, versteckt sich Petra an einem noch heute verborgen anmutenden Ort hinter den Bergen, und man kann es nur zu Fuß durch eine enge Schlucht erreichen; es war wohl deshalb während mehr als 300 Jahren verschollen, bis es ein Schweizer Forscher, Johann Ludwig Burckhardt, 1812 wiederentdeckte.

Seid Ihr bereit? Denn nun wandern wir gemeinsam durch diese Schlucht, den Siq. DER MANN, verlässlich und ruhig, ist mit dabei. Der Siq ist 1,2 km lang, aber auf weichem Sand gut zu durchqueren, obwohl der Pfad nur ein paar Meter schmal ist. Schaut hinauf, in das spärliche Stück blauen Himmels und staunt darüber, wie sich die Wände bis zu 200 Metern steil emporschwingen! Da kommen wir uns auf einmal ganz klein vor, nicht? Am Wegrand bewundern wir die Überreste des genialen Wassersystems, sie sehen ähnlich aus wie bei uns in den Walliser Bergen die sog. Bissen.

Und jetzt, da wo die Schlucht am engsten ist, erwartet uns ein Höhepunkt: Nach einer Wegbiegung ragt es plötzlich auf, prächtig und dominant, das sogenannte Schatzhaus! Es ist ein unvergesslicher Anblick. Ich bekomme nach wie vor Gänsehaut, wenn ich unten stehendes Foto betrachte.

Foto REUTERS/Muhammad Hamed: Das „Schatzhaus“ am Ende der Schlucht

Wir gehen weiter. Kurz darauf wird das Tal weit, und ich glaube, dass jeden, der diesen besonderen Ort durchwandert, ehrfürchtiges Staunen ergreift. Seine Schönheit, sagt man, kommt beim Blick von den hohen, das ausgedehnte Tal umgebenden Felsgebirgen sogar noch besser zur Geltung. Und blindlings, fast wie dem Rattenfänger von Hamel, würde man den stolzen Beduinen auf ihren Kamelen kilometerweit durch die rosaroten Ruinen und auf schmalen Pfaden hinauf auf die Felsen folgen, würden sie einen dazu auffordern…

Photo by Emma Bosley- Ritchie on Pexels.com

Immerhin hindert uns niemand daran, dass wir nun selbst ein wenig klettern, wenigstens einen einzigen der steilen Zugänge hinauf, um von dort, vom Vorplatz eines mächtigen Palastes, die Aussicht auf das Tal zu genießen. So können wir uns vorstellen, wie riesig die Stadt war.

Foto Elisa: Es geht hoch hinauf
Photo by Valdemaras D. on Pexels.com

(Forts.folgt)

Eure in Weihrauchduft schwelgende Elisa
01.02.2023

Im Orient, Teil II: Von Salzkrusten, Schlamm und Tausendfüsslern

Forts.: Nicht alle lieben den Orient, dessen bin ich mir bewusst, doch sehr oft ändern Europäer nach einer Reise dorthin ihre Meinung. Denn es sind Orte der Poesie: schillernd und kraftvoll, erdig und geheimnisvoll, sprudelnd und weit, lebensvoll und lebensfeindlich, mit anderen Worten, herrlich kontrastreich! Es sind starke Bilder, die verschiedene Ferienaufenthalte bei mir hinterlassen haben.

Heute erzähle ich ein wenig von Jordanien. Auch dort war ich mit DEM MANN, das war 1999 – du meine Güte, ist das schon lange her – und doch sind die Eindrücke immer noch derart lebendig!

Foto Jordanien-Reisen.info: Das Tote Meer mit den salzverkrusteten Ufern
Foto Mövenpick Hotel: Zara-Spa mit Blick aufs Tote Meer

Wir waren im damals neuen Mövenpick-Hotel untergebracht, dessen Architektur einem orientalischen Dorf nachempfunden war. Mit seinen verträumten Gassen, Treppen, Arkaden, plätschernden Brunnen und in Mauernischen eingelassenen Lämpchen verzauberte es uns gleich bei der Ankunft. Es lag etwa 430m unter dem Meeresspiegel. Wenn mittags oder abends ein heißer Wüstenwind wehte, hatte man bisweilen das Gefühl, fast zu ersticken. Umso beliebter war die „Happy Hour“ abends so etwa um halb sechs. Dann trafen DER MANN und ich uns mit andern Hotelgästen zum Dorfklatsch – aber nicht etwa an der Bar oder auf dem Dorfplatz, sondern im Toten Meer. Das war eine lustige Sache, weil man bei der hohen Salzkonzentration im Wasser Auftrieb wie ein Korken bekam. Weniger lustig waren die Tausendfüßler, die zwischen den salzverkrusteten Steinblöcken am Ufer lauerten, um dann plötzlich in Windeseile über die Wasseroberfläche zu rennen mit dem Ziel, uns hinterlistig in den Rücken zu stechen.

Photo by Pixabay on Pexels.com: Lauernder Tausendfüssler

Tagsüber waren wir oft faul. Uns gefiel der ungewöhnliche Swimming Pool. Er war weitläufig, mit Salzwasser gefüllt, und an seinen seichten Rändern war reichlich Sand ausgebreitet. Doch kaum lagen wir auf den Liegestühlen, begann der tägliche Kampf gegen Plagegeister, kleine Fliegen nämlich, die die Frechheit hatten, sich gleich sippenweise auf menschlichen Füssen und Gesicht niederzulassen. Auf DEN MANN, den Ärmsten, hatten sie es besonders abgesehen (ich liebe sein Gesicht ja auch!), und bisweilen ging’s vor dem Schlafengehen weiter, mit einer nächtlichen Jagd nach Ameisen auf dem Zimmerboden oder gar im Bett. Ich glaube, in diesen Momenten hatte DER MANN ein wenig Heimweh nach der Schweiz.

Foto horizonfinder.de:
Eingeschmiert mit Schlamm vom Toten Meer,
was sehr gesund ist und Hautkrankheiten zu heilen vermag

Behandlungen mit Meersalz sind ausgesprochen gesund. Ich gönnte mir im Gesundheitszentrum eine sog. „Dry Floatation Therapy“, eine Behandlung mit heißem, heilendem Schlamm aus dem Toten Meer, mit dem man am ganzen Körper eingeschmiert wird und den man, eingehüllt in mit Wasser gefüllten Decken und in eine Wanne abgesenkt, etwa 20 Minuten einwirken lässt. Ein absolut herrliches, wahnsinnig entspannendes Gefühl, weil man richtig schwebt, wie schon der Name sagt, und – wie mir die Therapeutin verriet – auch die Lieblings­therapie des damals jungen Königs Abdullah II. Er käme jeweils vor Sonnenuntergang, erzählte sie, beschützt von seinen Leibwächtern, wenn die Hotelgäste noch schliefen. Da lag ich also auf dem gleichen Bett wie seine Hoheit beliebte – wenn auch natürlich nicht zur gleichen Zeit… Ob die Geschichte bloß ein Märchen war? Einerlei! Träume sind erlaubt, besonders, wenn die Umgebung Zauberhaftes vorgaukelt.

Foto von Freundin Heidi Wildi: Der Präsidentenpalast Quasr al Watan
in Abu Dhabi wirkt schon von weitem imposant

Auch wenn Ihr weder „floaten“ möchtet noch königliche Ambitionen habt: Ich überlasse Euch nun Euren Träumen. Es wartet noch mehr Spannendes beim nächsten Mal, wie z.B. ein Besuch in Petra. (Forts. folgt)

Eure Elisa
25.01.2023

Dezember

Photo by Annika Thierfeld on Pexels.com

Der Dezember ist ein interessanter Monat. Es ist der Monat, in dem alles endet und am Ende alles wieder beginnt und neue Hoffnung erwacht. Der Name kommt von „decem“ (= lat. 10), weil er im römischen Kalender der 10. Monat des Jahres war. Nicht nur die Wintersonnenwende am 21./22. mit dem kürzesten Tag, nein, auch eine bedeutende Zahl von Bräuchen und Traditionen verleihen dem Dezember eine spezielle Würze. Jüdische und christliche Feste werden gefeiert, und er strotzt nur so von Gedenktagen an Heilige. Vieles hat jedoch seine Wurzeln in altem Volksbrauchtum und diente einst der Winter- und Geistervertreibung, der Reinigung des Hauses oder der Erinnerung an die Wiederkehr des Lichtes.

Hervorstechend sind vor allem das Chanukka-Fest und unser Weihnachtsfest. Chanukka ist das jüdische Lichterfest im Dezember, das nicht aus biblischen, sondern aus historischen Vorkommnissen hervorging. Erinnert wird damit an drei wichtige Ereignisse in der Geschichte des jüdischen Volkes, die von Selbstbehauptung und Bewahrung der Religion erzählen: Die Befreiung aus hellenistischer Herrschaft, die zweite Weihe des Tempels in Jerusalem sowie ein Lichtwunder, das acht Tage währte. Im Gedenken daran werden morgens in der Synagoge besondere Gebete gesprochen. An den Abenden treffen sich die Familien zu Hause und entzünden täglich mit Hilfe der neunten Kerze ein neues Licht an der Chanukkia – bis alle acht Kerzen brennen. Was für ein helles, fröhliches Fest inmitten der dunklen Jahreszeit!

Photo by RODNAE Productions on Pexels.com

Für mich und meine Familie ist das Weihnachtsfest, das wir in Erinnerung an Christi Geburt feiern, eines der wichtigsten Feste im Jahreslauf. Dazu ein Ausschnitt aus meinem Reisetagebuch, das während der Israel-Reise, die DER MANN und ich 2012 unternahmen, entstand:

Fahrt nach Bethlehem zur Geburtskirche: Sie ist die Kirche in Bethlehem, die über der vermuteten Geburtsstätte Jesu Christi errichtet wurde und gehört zu den wenigen Beispielen vollkommen erhaltener frühchristlicher Kirchenbauten. Bethlehem ist durch eine hässliche Mauer von Israel abgetrennt. Wir müssen ohne den jüdischen Reiseleiter durch den Check Point marschieren. Auf der anderen Seite erwartet uns der Palästinenser, der uns zur Geburtskirche führen wird. Er ist ein humorvoller Mensch, nicht so trocken wie sein israelischer Kollege. Mit dem Bus fahren wir zur Kirche. Auf seine Anweisung entfernen wir unsere „Touristenkleber“. Um den großen Andrang zu umgehen, müssen wir einzeln in die Kirche gehen und uns an den langen Warteschlangen vorbeischleusen. Auf der Treppe zur Geburtsgrotte hinunter werden wir fast erdrückt. Ein paar gütige (und vor allem kräftige) russische Frauen schirmen mich ab, als ich fast keine Luft mehr bekomme und in Schweiß ausbreche.

Die kleine Höhle der Geburtsgrotte befindet sich genau unter dem Hochaltar der Kirche. Ein silberner Stern in der kleinen Apsis zeigt die Stelle der Geburt Jesu. Über dem Altar hängen 15 Lampen, die den verschiedenen christlichen Glaubensgemeinschaften gehören. Von der Geburtsgrotte gelangt man über drei Stufen in die Krippengrotte, wo die Heiligen Drei Könige das Kind anbeteten. Die Berührung des silbernen Sterns bewegt mich, aber längeres Verweilen und Gebete sind kaum möglich, weil sich so viele Leute  herandrücken und noch mehr warten. Wie schlimm muss es erst am 24. Dezember sein!! Ein Jerusalemer Taxichauffeur erzählt uns später, dass er an diesem Datum jeweils ununterbrochen 24 Stunden lang arbeite…

Foto von Dirk D.: Silberner Stern in der Geburtsgrotte

Am 1. Januar 2021 habe ich in einem Blog schon einmal von den geheimnisvollen Raunächten geschrieben, die bei Kelten und Germanen 12 Nächte dauerten – zwischen dem 24. Dezember und dem 5. Januar. Es ist die Zeit „zwischen den Jahren“, also eine Art „Nicht-Zeit“, in der keine normalen Gesetze galten. So nahm man an, dass in diesen Nächten die Tiere sprechen könnten. Das glauben wir heute nicht mehr. Zumindest verständigen sie sich nicht so, wie wir es tun. Statt sie zu fürchten, lieben wir sie. Das ist natürlich viel schöner – und kommt erst noch dem weihnächtlichen „Fest der Liebe“ näher.

Photo by Karol Wiu015bniewski on Pexels.com

Ist es nicht genial, wie unsere Kultur uralte Geisterbräuche übernommen hat, sie jedoch von angstmachendem Dämonenglauben und Abhängigkeiten befreit und christianisiert hat? Seither vertrauen wir auf einen gütigen Gott, der unser Leben heil und neu machen kann.

Photo by Elias Tigiser on Pexels.com

Habt eine frohe, zuversichtliche Dezember- und Adventszeit!
Eure Elisa
07.12.2022

Sprachlektion (Achtung Satire)

Früher musste man sich ein paar Monate in einem anglikanischen Sprachgebiet aufhalten oder zumindest zum Sprachunterricht gehen, um Englisch zu lernen. Game over, ladies and gentlemen! All you need ist ein Blick in die Social Media oder einen walk to the city – und wow!, schon wird einem die englische Sprache um die Ohren gehauen, dass man nachher unbedingt eine location braucht, um zu chillen und zu relaxen.

Foto: Pinterest

Mein hairstylist und make-up-artist, dessen shop «Cuts and More» heisst, beherrscht nicht nur das cutting. Er ist brilliant at his job. Doch meistens redet er über peanuts.

Kürzlich war er auf einem trip in der Türkei. Er hat es leider nicht geliked. Zwar hat man ihm schon am airport ein up-grade offered, und die flight attendants der Swiss waren besonders charming. Still water oder orange juice sind nicht sein favouritewhisky soda schon eher, und den bekam er free. Das all-inclusive package und das 4-star-hotel waren weniger sein taste. Vielleicht hätte er besser einen flight nach Sri Lanka gebucht. Das wäre bestimmt okay gewesen: keine unhappy singles, keine surfing teenies und gaming kids mit ihren nannies wie an der Turkish beach. Und erst der dining place mit seinem food waste! Der reinste horror, so alarming! Die haben wohl noch nie etwas von climate change gehört, dabei sei die heat wave im Süden besonders shocking. Das sei einfach too much, schlechtes image, schlechtes timing. Aber eben: No risk no fun! Er sage sich jedoch immer: stay woke! Denn peace habe mit money und power zu tun – mit nichts anderem.

Da findet er es hier in der downtown a lot better! Die shopping mile sei exciting mit all den smarten fashion shops, den summer sales signs und den pop-up outdoor coffee bars. Denn da gebe es bagels plus American muffins, English chocolate cookies and fingerfood – yummy! Im bookshop „Angel“ im shop-in-shop round the corner bekomme er immer einen discount, und die food bar next door sei super cool. Die girls dort gäben ihm jedes Mal einen coffee to go for free. Sie fänden ihn eben einen nice guy. Das sei good for the business. Der veggie burger, obwohl made with chilli, sei allerdings zu wenig hot und der cheese burger trocken. Im worst case könne er per e-bike in ein shopping center racen und in einem supermarket fürs weekend und seine party guests shoppen. Bits and bites seien nicht unbedingt trendy, aber party folks mögen fast food und spicy drinks.

Oh dear! Sein small talk interessiert mich not really. Main thing, er kennt die latest styles und macht aus mir eine pretty lady. Cool, wenn ich bei der nächsten video conference wieder sexy aussehe. Das home-office ist so boring, ich ziehe team-work vor. Alone findet man selten good solutions.

Kiss, Greti

Hope you enjoyed this, Elisa
4.8.2022

PS: Zwei Übersetzer auf einem Schiff unterhalten sich. „Kannst du schwimmen?“, fragt der eine.
„Nö“, antwortet der andere, „aber ich kann in neun Sprachen um Hilfe rufen.“

Photo by Richard Segal on Pexels.com

Monte Verità (Wahrheitsberg)

Foto Elisa: Das Tessin ist „stein-reich“
Foto Elisa: Eidechslein

Einmal mehr verbrachten wir im Oktober ein paar Tage Ferien in der Südschweiz, in der Umgebung von Ascona.

Foto Pinterest:Der berühmte Wasserfall in Foroglio im Val Bavona
Foto Arrigo Sappori: Rustici

Es ist jedes Mal fast wie ein Heimkommen, da DER MANN und ich schon so oft dort waren. Für mich bedeutet das Tessin fröhliche Leute, Palmen, lichte Wälder mit Edelkastanien, Birken, Eichen, Kamelienblüten im Frühling, reife Kastanien im Herbst, kleine Eidechslein, die sich auf den typischen Steinmäuerchen sonnen und blitzschnell in einer Ritze verschwinden, wenn Schritte nahen. In meinen Erinnerungen sehe ich moosbewachsene Steine und Felsblöcke, Täler mit Rustici und Grotti, den spiegelglatten See, grüne Hügel.

Castagne

Und die Menschen? Sie ertragen die saisonale Invasion von Tausenden von uns «Tedeschi» mit stoischer Gelassenheit oder mit freundlichem Humor. Nicht nur die Sonne wärmt, sondern auch ihr Lächeln. 

Foto Elisa: Auf Wanderung im Val Bavona
Foto Elisa: Spaziergang oberhalb des Monte Verità

Wir hatten erneut auf dem Monte Verità reserviert. Das gleichnamige Hotel wurde 1926 im Bauhaus-Stil errichtet und 2008 komplett renoviert. Die Gäste wohnen auf einer Anhöhe oberhalb von Ascona und dem Lago Maggiore, inmitten eines großen Gartens mit exotischen Pflanzen. Ein kleiner Pfad führt hinauf zum japanischen Teehaus, vorbei am Zen- und am Tee-Garten, wo, angepflanzt nach japanischem Muster, halbkreisrunde Reihen von Teebüschen das Auge erfreuen. Habt Ihr gewusst, dass die Teepflanzen im Oktober blühen und fein riechen?

Postkarte vom Monte Verità: Teeblüten (grüner Tee)

Im gastlichen Tee-Haus werden auch japanische Tee-Zeremonien und Seminare zum Thema «Grüner Tee» abgehalten. Der Monte Verità ist ein zauberhafter Ort, an dem die Erholung ganz von selbst kommt!

Foto Elisa: Der Tee-Garten mit Zen-Pavillon

Der «Berg» rühmt sich einer reichen, bisweilen etwas skandalösen Geschichte, die ich hier nur bruchstückhaft wiedergeben kann. Spannend ist vor allem die erste Zeit. Im Herbst 1900 kauften Henri Oedenkoven und seine Lebensgefährtin Ida Hofmann das Grundstück oberhalb von Ascona, das sie fortan Monte Verità nannten, und gründeten eine Siedlungsgemeinschaft auf zunächst veganer und später vegetarischer Grundlage. Und Ihr Plan war nichts Geringeres, als eine neue Welt zu erschaffen, eine Alternative zur industrialisierten, beschleunigten Gegenwart, die ihnen Leib und Seele zu gefährden schien. Häufig unbekleidet, arbeiteten die Mitglieder der Siedlungsgemeinschaft in den Gärten, pflegten lose Lebensgemeinschaften und setzten sich mit östlichen Heilslehren auseinander. Eigentlich waren sie die Hippies des Fin-de-Siècle.

Alte Postkarte: Sonnenanbeter

Kommt uns dieses soziale Unbehagen nicht irgendwie bekannt vor? Etwas Entscheidendes verändern am Zustand der Welt und im eigenen Leben, aufmerksam auf seelische und körperliche Gesundheit achten, absolut frei von gesellschaftlichen Konventionen leben, aus dem täglichen Hamsterrad aussteigen – das hatte (und hat noch immer) etwas Bestechendes. Doch wie extrem darf solches ausfallen, um erfolgreich zu sein? Ob es auf dem Monte Verità gelang? Wir werden sehen… (Forts.)

Foto Elisa: Blick von der Villa Semiramis auf den Lago Maggiore

Liebe Grüsse, Elisa

Auf den Spuren Napoléons (Forts.)

Das Schloss Arenenberg in der Schweiz, oberhalb des Bodensees, in dessen Napoleon-Museum man in die Zeit ab 1817 von Napoléons Verwandten im Exil eintaucht, strömt ebenfalls französisches Flair und napoléonische „Grandeur“ aus. Dort wohnten Königin Hortense, ihr Sohn „Kaiser Napoléon III“ und seine Frau Eugénie. Hortense war Josephines Tochter aus erster Ehe, also Napoléons Stieftochter.

Beinahe hätte ich vor einem Jahr das Parfum von Napoléons geliebter Josephine gekauft. Der Duft ist nach dem gleichen Rezept hergestellt, wie der Duft, den sie benutzte. Ich gab das Vorhaben nach einigem Überlegen auf, weil ich zum Schluss kam, dass DER MANN nicht, wie einst Napoléon, auf den schweren Duft fliegen würde. Schliesslich ist er weder ein kriegerischer Feldherr noch ein draufgängerischer Franzose…

Foto: Fine Art America, Gemälde von Fragonard: The beloved child

Doch zurück nach Grasse. Hier gibt es noch einen weiteren Bezugspunkt zur Parfum-Manufaktur «Fragonard»: den Maler Jean-Honoré Fragonard (1732-1806). Sind Euch seine fröhlichen Bilder bekannt? Er wurde in Grasse als Sohn eines Parfumeurs und Handschuhmachers geboren. Als er 6 Jahre alt war, zog die Familie nach Paris, wo er Malerei studierte. Dank seiner sinnlichen Bilder wurde ein berühmter Rokoko-Maler aus ihm. Seine lockeren, farbig-leichten Bilder waren meist erotisch, er schockierte manche seiner Zeitgenossen. König Ludwig XV gefielen die gewagten Werke, und er ernannte ihn zu seinem Hofmaler. Anlässlich der französischen Revolution 1789, die bekanntlich 10 Jahre dauerte, kehrte Fragonard nach Grasse zurück. Unweit der Manufaktur kann man in der Kunstgalerie «Fragonard» rund 20 seiner Hauptwerke bewundern. Mir gefallen die lieblichen Bilder sehr. Ich lernte sie kennen, als ich vor Jahrzehnten von einem befreundeten englischen Antiquar und seiner Frau vier edle Porzellanteller mit entsprechenden Motiven geschenkt bekam.

Foto Kunstkopie.de: Gemälde von Fragonard, Der heimliche Kuss
Foto Provence-Info.de: Das Städtchen Grasse
Foto Barbie: Unsere liebe Anouk

Hier, wie versprochen, eine kleine Parfumlehre aus dem Internet, die eher die Frauen anspricht, aber vielleicht auch Männer interessiert, sind sie doch oft die Schenkenden.

Foto Activitypedia.com

Die Kopfnote

Die Entwicklung eines Duftes startet mit der Kopfnote. Sie ist das Erste, was man von einem Duft wahrnimmt, also sozusagen sein Auftakt. Häufig dominieren in der Kopfnote frische und würzige Duftnuancen. Dazu gehören zitrische Aromen (aus Zitrusfrüchten oder -Blüten), aber auch Pfeffer, Ingwer oder Bergamotte. Die Kopfnote verflüchtigt sich allerdings relativ schnell und ca. 15 Minuten nach dem Auftragen ist von ihr meist nicht mehr viel wahrzunehmen. Nun entfaltet sich die Herznote eines Duftes. Die Dauer dieses Übergangsmoments ist je nach Duft unterschiedlich.

Die Herznote

Die Herznote bildet den Duftkörper, also das Herz eines Duftes. Das bedeutet, dass vor allem sie dazu beiträgt, wie man einen Duft wahrnimmt. Die Herznote entfaltet sich mit dem Abklingen der Kopfnote und ist wesentlich länger wahrnehmbar. Sie schafft im Idealfall eine harmonische Verbindung zwischen Kopf- und Basisnote und besteht häufig aus blumigen Akkorden von Rosen, Nelken oder Jasmin.

Photo by Valeria Boltneva on Pexels.com

Die Basisnote

Die Basisnote trägt und stabilisiert die gesamte Duftkomposition. Sie wirkt dank sogenannter Fixateure am längsten. Dafür werden würzig-holzige Aromen, beispielsweise Harze, Moschus, Vanille oder Lavendel verwendet. Es liegt übrigens an der Basisnote, dass Düfte an jedem anders riechen. So kann es passieren, dass wir den neuen Duft der besten Freundin unglaublich toll finden, an uns selbst dann aber überhaupt nicht mehr. Erklären lässt sich dieses Phänomen dadurch, dass sich die Basisnote aus dem Zusammenspiel der einzelnen Duftaromen und der individuellen Hautbeschaffenheit heraus entwickelt. Neben der Haut und deren pH-Wert spielen außerdem auch der Hormonhaushalt, das Alter und unsere Ernährung eine wichtige Rolle bei der Duftentwicklung.

Photo by cottonbro on Pexels.com

Spannend, nicht? Also nie vergessen: Einem Eau de Toilette, einem Eau de Parfum oder gar einem Parfum muss man Zeit lassen, sich auf der Haut zu entfalten, um festzustellen, ob der Duft wirklich zu einem passt!

So, jetzt könnt Ihr Euch schon fast selbst Euer eigenes Parfum kreieren. Fehlen nur noch die unendlich vielen verschiedenen Duftöle und Essenzen!

Mit duftigen Grüssen, Elisa
01.12.2021

Foto DER MANN: Good-bye, dear Arlin!
Foto Anouk: Stacheliger Blick aufs Meer

Auf den Spuren Napoleons (Forts.)

Foto DER MANN: Unsere Lieben und ich

Und dann waren wir endlich da: im Feriendomizil unserer lieben Verwandten. Der Empfang war warm und herzlich.

Am Rande eines Naturschutzgebietes befindet sich das ausgedehnte Grundstück mit dem gemütlichen alten Landhaus, umgeben von Bäumen und Büschen, ziemlich versteckt und absolut ruhig. Wir fühlten uns sofort zu Hause. Hier liess es sich vergnügt ausruhen, plaudern, diskutieren, essen, geniessen. Entspannen gilt zwar weniger für den Eigentümer… Wer ein solches Haus und Grundstück besitzt, muss in zahlreichen Bereichen begabt sein und sich in die laufend anstehenden Arbeiten hineinknien können.

Auch hier gab’s am Morgen frisches Baguette und dicke französische Croissants mit Butter und Lavendelhonig! Am Abend erfreuten wir uns an hausgemachter Pizza aus dem selbst gemauerten Pizzaofen, an herrlichen Spaghetti, delikaten Käseplatten… Mmh, noch im nachhinein läuft DEM MANN und mir das Wasser im Mund zusammen!

Der Ort hat eine ganz besondere Ausstrahlung. Auch mein Sohn hatte ihn geliebt. Wenn in der Morgenfrische die Sonne ihre Strahlen über das Wäldchen auf die grosse Wiese schickte, begannen Blümlein ihre in der Nacht geschlossenen Köpfchen zu öffnen und wandten sich der Wärme zu, so dass sich auf der Wiese ein zarter Teppich in Weiss und Gelb entfaltete. Still und doch kraftvoll. Ein wahres Paradies, das man nicht gerne verlässt!

Foro DER MANN: Das alte Landhaus mit seiner guten Ausstrahlung

Für Dufterlebnisse bot sich das nahe Grasse an. Ein leichtfüssiges, bezauberndes Städtchen, so stellte ich mir Grasse vor, gilt es doch als Welthauptstadt des Parfums. Es liegt am Hang, unweit von Cannes, und zählt 48’865 Einwohnern. Vor allem der 1985 erschienene Roman des Deutschen Patrick Süskind «Das Parfum», in dem Grasse der Handlungsort ist, verhalf dem Städtchen zu weltweitem Ruhm. Habt Ihr das meisterhaft geschriebene, aber gruselige Werk auch gelesen? Der Roman ist unter dem Namen «Die Geschichte eines Mörders» verfilmt worden.

Foro Elisa: Im Garten
Photo by Marta Dzedyshko on Pexels.com

Das milde Klima in Grasse bringt einen herrlichen Blütenreichtum hervor. Lavendel und Rosen gedeihen im Überfluss, auch Jasmin und Orangenblüten finden ihren Weg in die feinen Duftprodukte. Besucht man Grasse, sollte man unbedingt eine der drei Parfümfabriken Galimard, Molinard oder Fragonard besuchen. Man lernt dabei Spannendes über die Parfum-Herstellung.

Photo by Karolina Grabowska on Pexels.com

Mit Tochter und Enkeltochter DES MANNES fuhr ich deshalb nach Grasse. Die Männer wollten nicht mitkommen. Dabei wissen weibliche Wesen einen wohlduftenden Mann sehr wohl zu schätzen, oder nicht? Ich liebe feine Düfte über alles! An keiner Blume kann ich vorbeigehen, ohne daran zu riechen. Unter Anleitung habe ich schon zwei- oder dreimal mein eigenes Parfum kreiert und viel gelernt über die Kopfnote, die Herznote und die Basisnote, die in den meisten Parfums drin sind und ineinander übergehen. (Mehr davon im nächsten Blog).

Foto Barbie: Beim Eingang zum Fragonard

Wir besuchten die Parfumfabrik «Fragonard» und nahmen an einer Führung teil. Anschliessend betritt man drei (oder vier) grosse, helle Verkaufsräume, die von Touristen, bunten Vogelschwärmen gleich, heimgesucht werden, alle mit Duftstreifen unter der Nase und hektisch schnuppernd. Denn draussen wartet der Bus… Wir konnten es gemütlicher nehmen. Die wunderbaren Düfte schienen mich einzuhüllen, und ich schwebte auf Duft-Wolke 7! Doch dann entdeckte ich, dass mich meine Sinne im Stich liessen. Es waren viel zu viele verschiedene Düfte, und ich konnte sie nicht mehr klar erschnuppern. Also kaufte ich nur feine Seifen, denn ein teures, «falsches» Eau de Toilette wollte ich mir nicht leisten. Erst zu Hause entdeckte ich die Schätze, die ich erstanden hatte.

Foto Elisa: Alter Destillationsbehälter bei Fragonard

Nach einem feinen Tee mit delikater Pâtisserie trennten wir drei uns, damit jedes seinen eigenen Interessen nachgehen konnte. In dieser Gasse gab’s feine Läden, eine erstklassige Confiserie, glänzende Boutiquen, Bistrots. Gegen Abend sass ich bei einem frischen Fruchtsaft draussen und beobachtete, was sich vor meinen Augen tat. Da entdeckte ich in einem nahen, links abgehenden Gässchen eine Apotheke. Apotheken lassen ihr grünes Schild leuchten, wenn sie geöffnet haben.

Ich machte mich auf den Weg. Kaum im Gässchen, erschrak ich. Eine völlig andere Welt offenbarte sich hier, nur etwa 100 m entfernt: Alkoholiker, Drogenabhängige und andere elende Menschen sassen mit hängenden Köpfen auf Türschwellen oder schlurften herum. Die Hoffnungslosigkeit rundum war erschütternd. Als ich mir in der Apotheke ein Duftfläschchen zeigen liess und die Assistentin es mir vor die Nase hielt, drängte sich auf einmal der ungepflegte Kopf eines Alkoholikers dazwischen. Der Mann war drauf und dran, mit seiner Nase die Fläschchenöffnung zu berühren. «Monsieur, ça ne va pas», sagte ich streng. Er murmelte: «Ich verstehe etwas von Düften.» Und im nächsten Moment tat er mir leid. War er ein arbeitsloser Parfumeur? Der Apotheker sagte: «Er war hier zum Covid-Test.» Schliesslich schickte er ihn und seinen Kollegen, die um mich herumschlichen, resolut nach draussen. Eine Weile später machte ich mich auf den Rückweg. Mir war etwas bange, doch niemand belästigte mich. Die Not und die Armut dieser Menschen begleiteten mich noch lange. Unerträglich, wenn man nicht helfen kann.

Wenn Glanz und Elend so nahe beieinander sind, ist es besonders traurig.

Foto Elisa: Im Garten

Amitiés, Elisa
24.11.2021

Auf den Spuren Napoléons (Forts.)

Foto DER MANN: Die Zitadelle in Sisteron, ebenfalls mit Häuserzeile darunter

Sisteron hat mich schon immer begeistert. Es ist ein markantes Städtchen. Wart Ihr auch schon einmal dort? Dann versteht Ihr mich. Wenn man Sisteron am Fluss im Tal unten betreten bzw. weg gehen will, muss man eine Brücke überqueren, um danach ins Städtchen hinauf zu fahren – oder Sisteron zu verlassen. Auf der einen Seite der Brücke, auf der Landseite, steht ein hoher, senkrechter, verwitterter Felsen, auf der gegenüberliegenden Seite erhebt sich ein ebenso imposanter, trutziger Felsen, auf dem sich auf 500 Meter Höhe eine alte Zitadelle befindet, die schon in der Antike befestigt war. Sie diente ab 1209 der Sperrung zwischen Dauphiné und der Provence. In der heutigen Form wurde die Zitadelle 1599 unter König Henri IV ausgebaut. Erst im Jahr 1920 wurde sie vom französischen Staat als Militärstützpunkt aufgegeben. Im zweiten Weltkrieg war sie ein Internierungszentrum. Sie ist so imposant, dass man ganz vergisst, dass sie militärischen Zwecken diente. Das Städtchen selbst liegt auf der Höhe und ist sehr gemütlich. Jetzt wird Sisteron das «Tor zur Provence» genannt.

Dieses Bild hat ein leeres alt-Attribut; sein Dateiname ist montaroux_sisteron.jpg.
Foto DER MANN: Felsen Stadtseite, neben der Festung
Foto Tumbir: Sisteron, Felsen Landseite

Heute fanden wir unser Ziel mühelos, dabei lag es etwa 12 km ausserhalb von Sisteron, fast unsichtbar auf einem Hügel, wohin man nur auf einem steilen, einspurigen Schotterweglein hinaufgelangte. Das liebenswürdige Ehepaar, das uns als Feriengäste erwartete, hatte sichtlich Freude, als wir eintrafen. Sofort zeigten sie uns das hübsche Haus und den biologischen Garten mit dem gepflegten Biotop. Ein entzückendes Kleinod! Da wir die einzigen Gäste waren, durften wir uns frei bewegen und so tun, als ob uns das Anwesen gehörte. Wir suchten ein Schattenplätzchen auf Liegestühlen, an der Sonne war es zu heiss.

Dieses Bild hat ein leeres alt-Attribut; sein Dateiname ist montaroux_sisterongaestehaus2.jpg.
Foto Elisa: Bei unseren Zimmervermietern

Foto Elisa: das gastliche Haus

Fürs Abendessen gab’s vom Hausherrn eine Empfehlung, und er reservierte uns auch gleich einen Tisch im Restaurant «Oppidum». Bevor wir uns auf den Weg machten, fragte ich: «Bis wann müssen wir zurück sein wegen dem Hausschlüssel?» «Das spielt keine Rolle. Das Haus ist Tag und Nacht offen.» Was?? Stellt Euch vor, wir würden das in unseren Städten machen. Da befände sich am Morgen wohl nicht mehr viel in der Wohnung!

Foto Elisa: Im Zentrum von Sisteron, das auf der Höhe liegt

Im Zentrum des Städtchens, in einer dunklen Nebengasse, wurden wir bald fündig. Hier war das Essen ausgesprochen fein, und auch hier war das allerdings eher kleine Lokal sehr bald vollständig besetzt. Mit dem Zertifikat nehmen’s die Franzosen übrigens sehr genau.

Foto Elisa: Die Kirche mit dem typischen Turm im Zentrum von Sisteron

Am nächsten Morgen erwachten wir im eisigen Zimmer, in der Nacht hatte es einen Temperatursturz mit bisigem Mistral gegeben. Im Badezimmer war’s geschätzte null Grad! «Da dusche ich nicht», meinte DER MANN. «Ich auch nicht», beschied ich schlotternd. «Schade nur, dass wir gestern den Whirlpool in unserem Badezimmer nicht benutzten.» Der Whirlpool? Das war’s doch! Es hatte bestimmt genügend Warmwasser. Gesagt, getan. Ich liess bis obenhin heisses Wasser einlaufen und glitt geniesserisch in die wohlige Wärme. Die vielen sprudelnden Düsen und der Dampf waren ein Riesen-Vergnügen! Gewärmt und gutgelaunt liessen wir uns hierauf an der Sonne im Garten frisches Baguette und dicke französische Croissants mit Butter und Lavendelhonig servieren.

Foto Elisa: Au Revoir, Sisteron

Zum Abschied erhielt jedes von uns ein duftendes Lavendelsäckli mit biologischem Lavendel aus dem eigenen Garten. Schön war’s in Sisteron!

Foto Elisa: Schöne Platanen in Digne-les-Bains

In Digne-les-Bains, einem hübschen Ferienort, den man auch die Hauptstadt des Lavendels nennt, flanierten wir an eleganten Läden vorbei, doch um diese Zeit am Mittag waren die meisten bis 14.30 Uhr geschlossen. Besser für mein Portemonnaie! In den Bistrots schienen die Einheimischen ihre Mittagspause ebenso in die Länge zu ziehen.

Photo by u5149u66e6 u5218 on Pexels.com: Duftender Lavendel

Auf einer Restaurant-Terrasse sass am Nebentisch eine Gruppe Feuerwehrleute, Frauen und Männer, in ihren Uniformen. Heiter ging’s zu und her, es wurde viel gelacht. Auf einmal brachen sie ziemlich abrubt auf, sie hatten wohl auf die Uhr gesehen. Dabei blieb neben einem der leeren Teller ein dicker Schlüsselbund liegen. Unsere Rufe blieben ungehört. Etwas später kam einer der Männer, er schien der Hauptmann zu sein, verlegen grinsend zurück. Was, wenn in der Zwischenzeit „Not am Mann“ bzw. „Not am Schlüssel“ entstanden wäre?

Foto Elisa: auf einem der Plätze in Digne-les-Bains

Wir näherten uns dem Reiseziel. Noch ein letzter Halt! Etwa 80 Kilometer nordwestlich von Cannes, in den Bergen der Haute-Provence, liegt Castellane, ein ebenfalls reizendes Städtchen. Es liegt am Fluss Verdon, am Anfang der bekannten Verdon-Schlucht. Überragt wird Castellane vom 1626 m hohen Berg Cadière, wo die Kirche «Notre Dame du Roc» aus dem 12. Jahrhundert eindrücklich über der Stadt thront.

Postkarte: Notre-Dame du Roc bei Nacht
Foto Elisa: Rathaus von Castellane
Foto Elisa: Die Kirche „Notre Dame du Roc“ am Tag

Ein eindeutig friedlicheres Wahrzeichen als die Zitadelle in Sisteron! Imponiergehabe, Säbelrasseln, Drohungen sind dem Frieden natürlich nicht dienlich – auch im zivilen Leben nicht. Da lob ich mir «Unsere Felsendame», obwohl sie ein steinernes Herz hat.

Amitiés, Elisa

(Forts.)