Der Orient, Teil IV: Noch mehr rosa Felsen (Forts. Petra)

Forts.Petra: Wir kehren zurück zu den Glanzzeiten der Nabatäer. Sie beherrschten die Handelsrouten des antiken Arabiens (insbesondere die Weihrauchstrasse), indem sie Zölle erhoben und im Gegenzug dafür die mit indischen Gewürzen und Seide, afrikanischem Elfenbein und Tierhäuten beladenen Karawanen beschützten, die sich hier auf ihrem Weg in den Norden eine Ruhepause gönnten und frisches Wasser für Mensch und Tier „tankten“.

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In der Neuzeit hat man an den Felsen am Wegrand Richtung Petra eingeritzte Namen und Botschaften gefunden. Sie lassen den Schluss zu, dass sich die Karawanen jeweils monatelang auf der Reise befanden – einer gefährlichen, entbehrungsreichen Reise, nicht nur wegen der beschwerlichen Pfade. Mörderische Räuberbanden gierten nach den kostbaren Transportgütern, so dass unterwegs äußerste Vorsicht geboten war.

Foto travelwithbrothers.com: das Kloster El Deidre

Was muss das für eine lebhafte, von Mensch und Tier wimmelnde, erstaunliche Stadt inmitten der Wüste gewesen sein – mit majestätischen Bauwerken, feiner Kultur, sprudelndem Wasser, Palmenhainen, leuchtenden Blumen und saftigen Früchten! Welch glanzvoller Reichtum, verborgen hinter hohen Bergen! Versetzen wir uns ein paar Minuten in einen nabatäischen Karawanenführer. Fühlen wir seine Erleichterung, sein Glück, wenn er müde und durstig dort ankommt und – unerwartet fast – auf breiten Promenaden in diese blühende Stadt hineinschreitet?

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Ihre Toten höhlten die Nabatäer aus (ih!) und füllten sie mit Salz, bevor sie sie bestatteten. Man weiß nicht genau, welche Gebäude als Heiligtümer, Paläste oder Gräber, oder als Gräber und Häuser dienten. Eines weiss ich hingegen sicher: Eine der Höhlen dient jetzt als Touristen-Toilette – mit den marmorartigen Steinmustern fand ich sie die schönste Toilette der Welt – was DER MANN mit einem ungläubigen Lächeln quittierte.

Natürlich sind seit unserem Besuch 1999 weitere Ausgrabungen gemacht worden. Teile der Geschichte Petras werden also immer wieder neu geschrieben. Noch ist Vieles unbekannt. Bis heute gelten die Nabatäer als geheimnisvolles Volk.

Zu meinem letzten Beitrag erreichte mich von Bloggerin Gisela Seidel dieser ergänzende und korrigierende Kommentar, der mir sehr wertvoll erscheint:

Danke für Deinen interessanten Reisebericht über eine der bedeutendsten Städte des Nabatäerreiches. Dieser Volksstamm war zunächst ein Räuberclan. Es ist kaum vorstellbar, dass ein primitives Nomadenvolk zu solch imposanten Bauwerken fähig ist. Der Weg dorthin ist ein Abenteuer für sich. Kaum zu glauben, dass hier vormals 30.000 Menschen lebten. Von wem stammt die Annahme, die Nabatäer seien das erste Volk gewesen, das sich geschlossen zum Christentum bekannte? (Von unserem Reiseleiter, Elisa) Das Christentum war ab 363 n. Chr. Staatsreligion, 636 wurde es durch eine Schlacht wieder muslimisch. Soweit ich weiß, glaubten die Nomaden zunächst an viele Götter. Es ranken sich viele irreführenden Überlieferungen um dieses Volk. Auf keinen Fall stammen sie vom Urenkel Abrahams statt. Die nabatäischen Schriften ähnelten der aramäischen Sprache (die Jesus sprach, Elisa) Später, ab dem 4. Jahrhundert, ging die Sprache in das Arabische über.

Foto: KHALIL MAZRAAWI: Das „Schatzhaus“ fasziniert immer wieder neu

Als die Römer die reiche Stadt erobern wollten, kappten sie die Wasserleitungen. Und sie hatten richtig überlegt: Im Jahre 106 n.Chr. konnten sie Petra erobern. 363 wurde die Glanzvolle leider von einem schweren Erdbeben heimgesucht und stark zerstört. Nach weiteren Erdbeben in den Jahren 419, 551 und 747 sowie nach der Eroberung der Region durch die Muslime 636 verließen die letzten Einwohner im Mittelalter die Stadt, die längst ihre Bedeutung und ihren Reichtum verloren hatte.

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Touristen sollten Petra während der regnerischen Jahreszeit, so ab November, möglichst NICHT besuchen, da das Wassersystem nicht mehr funktioniert. Bereits leichter Regen kann Sturzbäche, ja heftige Wasserfälle zur Folge haben, und dann steigt das Wasser in der Schlucht rasant an. Dieser Umstand wird leider nicht ernst genug genommen. In den 60er Jahren ertrank eine französische Reisegruppe samt Reiseführer während starker Regenfälle im Siq, 2018 wurden Tausende Touristen aus der antiken Stadt auf dramatische Art gerettet, es gab ebenfalls einige Tote, und im letzten Dezember mussten erneut 1700 Menschen evakuiert werden. Wir empfanden Petra im September als angenehm kühl, im Gegensatz zu den Temperaturen am Toten Meer. Man muss die Stadt also nicht erst im Winter besuchen.

Foto: AP Photo/Sam McNeil: Bei Regen wird’s hier ungemütlich, Regen-Pelerinen nützen da nicht viel

Mit Erfindergeist preisen die Beduinen für den Rückweg das Reiten auf einem Kamel, einem Pferd oder Esel als „transport with air-conditioning“ an. Lassen wir uns verlocken, traben gemeinsam los?

Ach nein, heute verzichte ich! Meine damaligen Reitversuche auf einem braven Pferdchen endeten ziemlich kläglich, da ich meiner Lebtag noch nie auf einem Pferderücken gesessen war. Schief hing ich im Sattel, hielt mich krampfhaft an Ross und Zügeln fest, um nicht hinunter zu fallen – was den Reiseleiter zur Bemerkung reizte, ich sähe aus wie eine zerquetschte Zitrone. Dann lachte er sich krumm, dieser Frechling, während ich mich weiterhin stumm abmühte. Kann man in einer solchen Situation etwa noch schlagfertig sein?

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Auch Petra zählt zu den „Neuen Sieben Weltwundern“. Faszinierende Bilder, nicht wahr? Vielleicht wart Ihr schon vor mir dort. Dann wisst Ihr, warum man die antike Stadt auch „die Erhabene“ nennt. Wenn nicht: nichts wie hin – es lohnt sich! (Forts. folgt)

Postkarte: Blick von den Felsen hinunter
auf El Deidre

Eure noch immer pferdescheue Elisa
04.02.2023

Im Orient, Teil III: Von Weihrauch, Nomaden und rosa Felsen

Foto naturalbeauty.de:
Brennender Weihrauch

(Forts.)

Habt Ihr schon einmal vom alten Volk der Nabatäer gehört, die 169 vor Chr. die legendäre rosarote Felsenstadt Petra im Süden Jordaniens gründeten? Man vermutet, dass sie von den Urenkeln Abrahams abstammten. Jedenfalls befindet sich auf einem der hohen Felsen ein uralter Altar, auf dem Abraham seinen Sohn Isaac hätte opfern sollen. (Wie merkwürdig: In Jerusalem hörten wir dieselbe Geschichte, allerdings war dort der Tempelberg Ort des Geschehens!) Auch das Grab Aarons, Moses‘ älterem Bruder, wird in dieser Gegend vermutet und durch einen weißen, weitherum sichtbaren Schrein auf einer Bergkuppe gekennzeichnet. Immerhin gelten die Nabatäer als das erste Volk, das sich geschlossen zum Christentum bekannte.

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Sie wurden nach langen Jahren des Nomadenlebens dort sesshaft. Unfruchtbare Landstriche verwandelten sie in blühende Gärten. Ihre Karawanen brachten Weihrauch, Myrrhe und andere Schätze aus dem Süden Arabiens und verhalfen ihnen zu unermesslichem Reichtum. Auch ein von ihnen geschaffenes raffiniertes Wassersystem mit Dämmen und Kanälen trug wesentlich dazu bei.

Nicht weniger Staunen weckt ihr bildhauerisches Können. Anstatt die Gebäude ihrer Stadt zu errichten, schlugen und meißelten sie sie aus dem Felsen, wobei sie geschickt die natürliche farbenprächtige Schönheit des Gesteins, von rosa bis tiefrot, von beige, braun bis Purpur und Ocker, und seine marmorartigen Muster ausnutzten. Die sogenannten Fassaden, durch die man in die Gebäude gelangte, stehen meist auf hohen Felsvorsprüngen, und die größte ist von dort aus nochmals etwa 50m hoch und breit.

Seit jeher geheimnisvoll, versteckt sich Petra an einem noch heute verborgen anmutenden Ort hinter den Bergen, und man kann es nur zu Fuß durch eine enge Schlucht erreichen; es war wohl deshalb während mehr als 300 Jahren verschollen, bis es ein Schweizer Forscher, Johann Ludwig Burckhardt, 1812 wiederentdeckte.

Seid Ihr bereit? Denn nun wandern wir gemeinsam durch diese Schlucht, den Siq. DER MANN, verlässlich und ruhig, ist mit dabei. Der Siq ist 1,2 km lang, aber auf weichem Sand gut zu durchqueren, obwohl der Pfad nur ein paar Meter schmal ist. Schaut hinauf, in das spärliche Stück blauen Himmels und staunt darüber, wie sich die Wände bis zu 200 Metern steil emporschwingen! Da kommen wir uns auf einmal ganz klein vor, nicht? Am Wegrand bewundern wir die Überreste des genialen Wassersystems, sie sehen ähnlich aus wie bei uns in den Walliser Bergen die sog. Bissen.

Und jetzt, da wo die Schlucht am engsten ist, erwartet uns ein Höhepunkt: Nach einer Wegbiegung ragt es plötzlich auf, prächtig und dominant, das sogenannte Schatzhaus! Es ist ein unvergesslicher Anblick. Ich bekomme nach wie vor Gänsehaut, wenn ich unten stehendes Foto betrachte.

Foto REUTERS/Muhammad Hamed: Das „Schatzhaus“ am Ende der Schlucht

Wir gehen weiter. Kurz darauf wird das Tal weit, und ich glaube, dass jeden, der diesen besonderen Ort durchwandert, ehrfürchtiges Staunen ergreift. Seine Schönheit, sagt man, kommt beim Blick von den hohen, das ausgedehnte Tal umgebenden Felsgebirgen sogar noch besser zur Geltung. Und blindlings, fast wie dem Rattenfänger von Hamel, würde man den stolzen Beduinen auf ihren Kamelen kilometerweit durch die rosaroten Ruinen und auf schmalen Pfaden hinauf auf die Felsen folgen, würden sie einen dazu auffordern…

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Immerhin hindert uns niemand daran, dass wir nun selbst ein wenig klettern, wenigstens einen einzigen der steilen Zugänge hinauf, um von dort, vom Vorplatz eines mächtigen Palastes, die Aussicht auf das Tal zu genießen. So können wir uns vorstellen, wie riesig die Stadt war.

Foto Elisa: Es geht hoch hinauf
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(Forts.folgt)

Eure in Weihrauchduft schwelgende Elisa
01.02.2023