Tod, wo ist dein Stachel?

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Wieder haben wir einen lieben Freund verloren, einen meiner ältesten Freunde aus den Tagen, als ich eine ganz junge Ehefrau und Mutter war. Er war ein feiner, lebensbejahender Mann, der spürte, wenn Menschen um ihn herum Hilfe brauchten, und er sprang gerne in die Bresche, ohne je Aufhebens davon zu machen. Älter geworden, musste er in den letzten Jahren wiederholt um sein Leben kämpfen. Er liess es sich trotz grosser Schmerzen nicht nehmen, meinem Sohn im Frühjahr 2020 das letzte Geleit zu geben.

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Vor einer Woche haben DER MANN und ich uns mit seiner lieben Familie von ihm verabschiedet, in der Kirche meines früheren Wohnorts. Wie mein Sohn, starb auch er an plötzlichem Herzversagen. Sekundenschnell hauchte er sein Leben in den Armen seines Bruders aus. Er starb auf einer Parkbank, inmitten der prächtigen Bergwelt des Engadins, in der klaren, sonnendurchfluteten, gesunden Luft seiner Heimat.

Foto: engadin.ch

Behutsam, fast zärtlich, hat der Tod sein Leben ausgelöscht, und damit all seine Beschwerden hinweggetragen. Darf man traurig sein über einen Tod, der sanft erlöst? Natürlich grämen wir uns, wenn wir das Liebste verlieren, es bricht uns fast das Herz. Doch den Tod für uns selbst brauchen wir nicht zu fürchten. Gottes Gnade erwartet uns. Sollte man nicht eher weinen über das Leben, das wir alle mit Tränen beginnen, als ahnten wir bereits, dass es uns nicht nur Freuden, sondern ebenso viele Schmerzen auferlegen wird?

Foto Elisa

Mir ist aufgefallen, dass mir ein Mensch nach seinem Tod auf eine besondere Weise nahe ist. Die Erinnerungen sind stark, sie kommen ganz von selbst, es sind Erinnerungen, die ich vergessen glaubte, sie wandern vorwärts und zurück, mäandern hin bis ganz zum Beginn, sei es bis zur Geburt, sei es bis zum Anfang einer Beziehung. Sie stehen intensiv, leuchtend und überwältigend lebendig vor meinem Innern. Ist es ein Abschied aus dem Jenseits, ist es die Endgültigkeit, die Trauer, oder sind es meine eigenen Gefühle, welche die Fülle an Erinnerungen hervorzaubern? Wie auch immer, diese Erfahrung hat etwas Tröstliches, Besänftigendes für mich.

Welches sind Eure Erfahrungen?

Eure Elisa
19.04.2023

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Dezember

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Der Dezember ist ein interessanter Monat. Es ist der Monat, in dem alles endet und am Ende alles wieder beginnt und neue Hoffnung erwacht. Der Name kommt von „decem“ (= lat. 10), weil er im römischen Kalender der 10. Monat des Jahres war. Nicht nur die Wintersonnenwende am 21./22. mit dem kürzesten Tag, nein, auch eine bedeutende Zahl von Bräuchen und Traditionen verleihen dem Dezember eine spezielle Würze. Jüdische und christliche Feste werden gefeiert, und er strotzt nur so von Gedenktagen an Heilige. Vieles hat jedoch seine Wurzeln in altem Volksbrauchtum und diente einst der Winter- und Geistervertreibung, der Reinigung des Hauses oder der Erinnerung an die Wiederkehr des Lichtes.

Hervorstechend sind vor allem das Chanukka-Fest und unser Weihnachtsfest. Chanukka ist das jüdische Lichterfest im Dezember, das nicht aus biblischen, sondern aus historischen Vorkommnissen hervorging. Erinnert wird damit an drei wichtige Ereignisse in der Geschichte des jüdischen Volkes, die von Selbstbehauptung und Bewahrung der Religion erzählen: Die Befreiung aus hellenistischer Herrschaft, die zweite Weihe des Tempels in Jerusalem sowie ein Lichtwunder, das acht Tage währte. Im Gedenken daran werden morgens in der Synagoge besondere Gebete gesprochen. An den Abenden treffen sich die Familien zu Hause und entzünden täglich mit Hilfe der neunten Kerze ein neues Licht an der Chanukkia – bis alle acht Kerzen brennen. Was für ein helles, fröhliches Fest inmitten der dunklen Jahreszeit!

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Für mich und meine Familie ist das Weihnachtsfest, das wir in Erinnerung an Christi Geburt feiern, eines der wichtigsten Feste im Jahreslauf. Dazu ein Ausschnitt aus meinem Reisetagebuch, das während der Israel-Reise, die DER MANN und ich 2012 unternahmen, entstand:

Fahrt nach Bethlehem zur Geburtskirche: Sie ist die Kirche in Bethlehem, die über der vermuteten Geburtsstätte Jesu Christi errichtet wurde und gehört zu den wenigen Beispielen vollkommen erhaltener frühchristlicher Kirchenbauten. Bethlehem ist durch eine hässliche Mauer von Israel abgetrennt. Wir müssen ohne den jüdischen Reiseleiter durch den Check Point marschieren. Auf der anderen Seite erwartet uns der Palästinenser, der uns zur Geburtskirche führen wird. Er ist ein humorvoller Mensch, nicht so trocken wie sein israelischer Kollege. Mit dem Bus fahren wir zur Kirche. Auf seine Anweisung entfernen wir unsere „Touristenkleber“. Um den großen Andrang zu umgehen, müssen wir einzeln in die Kirche gehen und uns an den langen Warteschlangen vorbeischleusen. Auf der Treppe zur Geburtsgrotte hinunter werden wir fast erdrückt. Ein paar gütige (und vor allem kräftige) russische Frauen schirmen mich ab, als ich fast keine Luft mehr bekomme und in Schweiß ausbreche.

Die kleine Höhle der Geburtsgrotte befindet sich genau unter dem Hochaltar der Kirche. Ein silberner Stern in der kleinen Apsis zeigt die Stelle der Geburt Jesu. Über dem Altar hängen 15 Lampen, die den verschiedenen christlichen Glaubensgemeinschaften gehören. Von der Geburtsgrotte gelangt man über drei Stufen in die Krippengrotte, wo die Heiligen Drei Könige das Kind anbeteten. Die Berührung des silbernen Sterns bewegt mich, aber längeres Verweilen und Gebete sind kaum möglich, weil sich so viele Leute  herandrücken und noch mehr warten. Wie schlimm muss es erst am 24. Dezember sein!! Ein Jerusalemer Taxichauffeur erzählt uns später, dass er an diesem Datum jeweils ununterbrochen 24 Stunden lang arbeite…

Foto von Dirk D.: Silberner Stern in der Geburtsgrotte

Am 1. Januar 2021 habe ich in einem Blog schon einmal von den geheimnisvollen Raunächten geschrieben, die bei Kelten und Germanen 12 Nächte dauerten – zwischen dem 24. Dezember und dem 5. Januar. Es ist die Zeit „zwischen den Jahren“, also eine Art „Nicht-Zeit“, in der keine normalen Gesetze galten. So nahm man an, dass in diesen Nächten die Tiere sprechen könnten. Das glauben wir heute nicht mehr. Zumindest verständigen sie sich nicht so, wie wir es tun. Statt sie zu fürchten, lieben wir sie. Das ist natürlich viel schöner – und kommt erst noch dem weihnächtlichen „Fest der Liebe“ näher.

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Ist es nicht genial, wie unsere Kultur uralte Geisterbräuche übernommen hat, sie jedoch von angstmachendem Dämonenglauben und Abhängigkeiten befreit und christianisiert hat? Seither vertrauen wir auf einen gütigen Gott, der unser Leben heil und neu machen kann.

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Habt eine frohe, zuversichtliche Dezember- und Adventszeit!
Eure Elisa
07.12.2022

Lächle, das Glück steht Dir gut!

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Zu meiner Freude gibt es viel mehr Engel in Menschengestalt, als man gemeinhin denkt. Drei kürzliche Erlebnisse mögen als herzerwärmende Beispiele dienen:

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Ein junger Berner mit lachenden Augen fuhr mich, die ich nach einigen Einkäufen erschöpft und schlecht zu Fuss war, in der Rikscha mitten durch den Stadtverkehr zu meinem Bestimmungsort – nicht ohne mir vorher ins ungewohnte Fahrzeug geholfen und mich zugedeckt zu haben. «Geniessen Sie die Fahrt», rief er mir fröhlich zu. Eigentlich war die Benutzung an diesem Tag eine Zweckentfremdung, da die Rikscha ganztägig zu Werbezwecken vor einem Geschäft stehen musste. 

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Ein mitfühlender Afrikaner hob mich im Bus rasch vom Boden auf und trug mich trotz schlingernder Fahrt zu einem Sitzplatz, wo er mich behutsam niedersetzte. Ich war nämlich kurz zuvor bei der brüsken Abfahrt des Busses vom erhöhten Sitz heftig auf meinen Rücken hinuntergestürzt und konnte nicht mehr selbst aufstehen.

Vor der Apotheke lag ein älterer Mann mitten auf dem Trottoir. Seine Glieder waren merkwürdig verdreht und die Augen geschlossen. Drei junge Leute knieten bei ihm, trösteten ihn und leisteten Hilfe, bis die Ambulanz eintraf.

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Wir alle dürfen Engel füreinander sein, wenn Hilfe vonnöten ist. Dazu brauchen wir keine Flügel! Nur ein offenes, liebevolles Herz.

Mit den untenstehenden Worten von Marianne Williamson wünsche ich Euch ein frohes, leuchtendes und gesegnetes Weihnachtsfest. Bleibt gesund und denkt daran: Engel sind allgegenwärtig. Und sie verbreiten Liebe und Licht. Das macht glücklich, findet Ihr nicht auch?

Wir wurden geboren,
um den Glanz Gottes,
der in uns ist,
offenkundig zu machen – dieses Licht,
das in allen von uns ist.

Und wenn wir es leuchten lassen,
geben wir anderen die Erlaubnis,
dasselbe zu tun.

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Herzlich, Elisa
14.12.2021

Mutig?

Foto Elisa: Romantisch, nicht?

Kürzlich haben DER MANN und ich etwas (für unser Alter) Mutiges getan: Wir übernachteten im Freien, im Schlosspark eines historischen Hotels! Würden wir der Versuchung, im dazu gehörigen Pavillon in ein «sicheres» Bett zu schlüpfen, widerstehen können?

Foto schlosshuenigen.ch: Ansicht vom Park her
Foto Elisa: Alles bereit fürs Abenteuer

Kaum hatten wir uns im romantischen Himmelbett unter dem Mückenschutz-Netz, auf dem muntere Käfer krabbelten, verkrochen, begann eine Nacht wie noch nie eine zuvor, und an Schlaf war nicht zu denken, obwohl es bereits gegen elf Uhr ging. Mit den verschiedenen Decken und dem überlangen Netz rundum, war bei der flexiblen Boxspring-Matratze an enges Kuscheln nicht zu denken, wir wären vermutlich sogleich gemeinsam vom Bett gerollt. Vier Meter neben uns plätscherte ein kleines Bächlein, auf dem Pfad daneben strebten säumige Paare auf ihrem Abendspaziergang eilig heimwärts. Sahen sie uns?

Photo by Sunsetoned on Pexels.com

Winzig kleine Insekten fanden Gefallen an meiner Nachtcrème und kitzelten mich im Gesicht, denn das Netz liess sich nicht ganz schliessen. Es kreuchte und fleuchte rundherum. Was zwackte hier am Bein, was pikste dort am Fuss? Juckten mich Ameisen? Hoffentlich keine Flöhe! Nachtvögel schrien schrill oder krächzten heiser. Zwischen den Blättern «unseres» Baumes erhaschte mein Blick einzelne Sterne, die von einem klaren Himmel blinkten; eine Sternschnuppe befand sich leider nicht darunter. Von Zeit zu Zeit irrlichterte der Scheinwerfer eines über uns hinweg fliegenden Flugzeugs, in dem ich mich in diesem Moment lieber befunden hätte. Und immer wieder raschelnde Geräusche, die ich nicht einzuordnen vermochte! Hatte es etwa Ratten in der Nähe? Waldgespenster? Einen Fuchs, einen putzigen Waschbären – oder gar einen kräftigen Biber, der den Baum über unseren unschuldigen Häuptern zum Einsturz bringen würde?

Photo by Kat Wood on Pexels.com: Biber
Photo by David Selbert on Pexels.com: Waschbär

Ich horchte und horchte, verscheuchte kleine Plagegeister, bis ich schliesslich eindöste – und wieder erwachte, als DER MANN auf dem Weg zur Toilette auf eine lange, rote Nachtschnecke auf unserem Holzboden trat. Er schimpfte leise, weil er auf dem armen Tier beinahe ausgerutscht wäre. Auf Sensor-Kommando ging auf dem schmalen Balkon unseres Pavillons das Licht an. Jetzt war ich wieder hellwach. So stieg auch ich die kleine Treppe ins Zimmer hinauf. Das weisse Bett leuchtete uns einladend entgegen. Tapfer gingen wir wieder nach draussen. Schliesslich hatten wir dieses Naturerlebnis selber ausgesucht.

Foto DER MANN: Das Innere des Pavillons

DER MANN hatte noch kein Auge zugetan, während ich langsam wegdriftete.

Plötzlich ging ohne unser Zutun das Licht auf dem Balkon an. DER MANN starrte angestrengt ins Dunkel, konnte aber nichts erkennen. War es ein unerwünschter Eindringling? Oder ein huschendes Tier? Nun konnte der Arme definitiv nicht mehr schlafen. Fürsorglich, wie er ist, dachte er wohl, er müsse mich beschützen. Klar, ohne ihn an meiner Seite hätte ich dieses Abenteuer ja auch gar nicht gewagt…

Photo by Frank Cone on Pexels.com

Mein naiv-schwärmerisches Bild von Naturnähe war ins Wanken geraten. Die Natur, überlegte ich, ist absolut souverän. Seit jeher lebt sie unerschütterlich nach ihrem gewohnten Pulsschlag, ob mit oder ohne uns. Hier draussen wollte sie uns keineswegs übel, kümmerte sich aber auch nicht um uns. Wir waren doch die Eindringlinge.

Mit diesen Gedanken liess es sich getrost ein paar Stunden schlummern.

Foto Elisa: Der Balkon des Pavillons

Gegen fünf Uhr morgens weckten mich unbekannte Tierlaute. Ich schaute in die schwache, fast unmerklich beginnende Morgendämmerung, die man mehr ahnen als sehen konnte. Geniesserisch stellte ich mir vor, wie morgens um sieben im Rosengarten des Hotels ein feines Frühstück auf uns wartete – und heisser Kaffee, dies vor allem! Inzwischen war es nämlich kühl geworden, trotz der vielen Decken, die wir um uns gewickelt hatten. Genüsslich sog ich die herrliche, reine Nachtluft in meine Lungen und liess mich treiben, zurück ins Traumland. Gegen halb acht erwachte ich und sah DEN MANN rauchend auf dem Balkon sitzen. Der Gebeutelte hatte überhaupt nicht geschlafen! Immerhin hatte er sich im Zimmer einen kräftigen Nespresso zubereitet.

Foto Elisa: Guten Kaffee hat’s genug!

Nach dem köstlichen Frühstück schlüpfte ich erneut ins Bett, das ich inzwischen am liebsten nicht mehr verlassen hätte. Ich lag bis halb elf faul darin, mitten in der grünen Wiese, und träumte vor mich hin.

Wetten, dass wir in einer zweiten Nacht besser geschlafen hätten? Es muss alles gelernt sein, oder etwa nicht?

DER MANN aber hatte genug. Wahrscheinlich hätte er stattdessen lieber nochmals im Militär campiert…

Foto DER MANN: Ein paar Meter neben unserem Himmelbett
Foto Elisa: Die Welt ist noch in Ordnung!

Schlaft heute Nacht gut und träumt süss.

Liebe Grüsse Elisa
25.08.2021