Nachtrag zu «Eigenartig»

Ich danke Euch vielmals für Eure spannenden Kommentare zu meinem letzten Beitrag «Eigenartig». Freundin Doris Dätwyler hat mir zudem die folgenden Informationen zugeschickt:

Das Gehirn in Zahlen:
Die Gesamtlänge aller Nervenbahnen im Hirn beträgt 5,8 Millionen Kilometer, was 145 Erdumrundungen entspricht.

Es besteht aus bis zu 100 Milliarden Nervenzellen (Neuronen), die mit über 1 Trillion Synapsen (Kontaktstellen zwischen Zellen) miteinander verbunden sind.

Es gibt fast 10’000 Arten von Nervenzellen im Hirn.

Manche Impulse jagen mit bis zu 400 Stundenkilometern durchs Nervensystem.

Das Hirn besteht zu 80 % aus Wasser.

Es macht nur 2 % der gesamten Körpermasse aus, verbraucht aber 20 % des Sauerstoffs und 25 % der Glukose.

Unser Oberstübchen verarbeitet jährlich rund 300’000 Petabyte (1 Petabyte = 1 Million Gigabyte) an Informationen.

Foto Elisa

Wahrscheinlich sind Euch diese Informationen längst begegnet. Doch dünkt mich, wir dürfen sie uns gerne wieder einmal in Erinnerung rufen. Denn, ohne dass wir es konkret wahrnehmen, leistet unser Gehirn im Hintergrund laufend Gewaltiges, das wir uns nicht einmal vorstellen können.

Da der Mensch seit jeher ahnt, dass das Gehirn das faszinierendste und wichtigste Organ unseres Körpers ist, interessiert er sich brennend dafür. Doch bis jetzt ist es trotz intensivster Forschung nicht gelungen, alle Bereiche zu entschlüsseln, zu komplex ist diese wundersame «Kommandozentrale» unseres Körpers.

Freundin Doris ist mit mir einig: Die hinter solcher Komplexität stehende Schöpferkraft will und soll Mysterium bleiben, und mit ihr das Geheimnisvolle, das unser Leben umhüllt wie ein zarter Schleier. Gottseidank sind wir nicht allwissend. Einen zweiten Turmbau zu Babel wollen wir uns nicht antun!  

Elisa
30.07.22 

Foto Elisa

Eigenartig

Photo by Stijn Dijkstra on Pexels.com: Marschallinseln

Wisst Ihr, was das Wort «Iroojlaplap» bedeutet? Nein? Es heisst «Oberster Häuptling» und ist auf den Marschallinseln beheimatet (siehe Bilder). Die Marschallinseln, ein Staat mit rund 60’000 Einwohnern, sind eine Inselgruppe, die zu Mikronesien gehört. Habt Ihr vor, den Ausdruck «Iroojlaplap» auswendig zu lernen? Ich auch nicht!

Foto Berner Zeitung vom 22. Juli 22: Hier ist er, der «Iroojlaplap», der es bestens versteht, farbenfrohe Zeremonien mit moderner Demokratie in Einklang zu bringen.
Foto Pinterest: Marschallinseln

Jetzt fragt Ihr Euch bestimmt, was diese Information denn soll, sie bringt ja nichts oder zumindest nicht viel. Natürlich gibt es noch mehr unnützes Wissen. Als Beispiel will ich Euch heute von einer kleinen Begebenheit erzählen.

Während meines Praktikums in Paris waren wir eine internationale Gruppe von Sekretärinnen, die anspruchsvolle Übersetzungen in mehrere Sprachen zu erledigen hatten. Wenn wir nicht weiterkamen, riefen wir den Mitarbeiter aus Armenien. Der grosse schlanke Mann war ein brillanter Kopf. Es gab nichts, was er nicht wusste. Sechs Sprachen beherrschte er in Wort und Schrift. Zweifellos hätte er die Fähigkeiten für eine leitende Stellung gehabt – doch ein äusserst merkwürdiger Tick, dem Anschein nach psychischen Ursprungs, hinderte ihn am Vorwärtskommen.

Photo by Nasser Ansari on Pexels.com: Armenien

Da stand dieser Mann mit verlegenem Gesicht vor meinem Pult, knetete ein weisses Stoff-Taschentuch in seinen Händen zu einem kleinen Klüngel zusammen. Dann stopfte er es in Mund und Nase, bis es kaum mehr zu sehen war. Hierauf ertönte seine inzwischen ganz nasale Stimme wie aus dem Abseits. Jedes Mal schaute ich ihm mit einer Mischung aus Faszination, Verwunderung, Abscheu, aber auch Mitgefühl zu. Was hatte er Schlimmes erleben müssen, dass ihm dieser Zwang das Leben dergestalt beschwerte?

Photo by Konstantin Mishchenko on Pexels.com

Nie mehr habe ich vergessen, wie er mir stolz erzählte, seine Grossmutter habe einmal mit dem russischen Zaren getanzt. (Ich nehme an, es war Nikolas II.) Noch heute erscheint bei der Erwähnung von Russland vor meinem inneren Auge sofort der Zar, der die mit ihm tanzende Grossmutter von Herrn Kh. im Arm hält!

Was Monsieur Kh. wohl macht? Vielleicht ist er gestorben, vielleicht quält er sich weiter in einem Pflegeheim? Eines ist gewiss: Der Zar und die armenische Grossmutter tanzen längst nicht mehr.

Photo by emre keshavarz on Pexels.com

Merkwürdig, wie unser Gehirn funktioniert. Es ist in der Lage, schlimmste körperliche Qualen zu vergessen, zumindest als gefühlte Schmerzen an sich; es kann Erinnerungen vergolden, geliebte verstorbene Menschen für eine Weile wieder aufleben lassen, glückliche Stunden ein Leben lang bewahren. Im Gegensatz dazu, kommen natürlich auch seelische Verletzungen hartnäckig ins Hier und Jetzt zurück und schürfen sich immer wieder schmerzhaft auf. Soweit so menschlich.

Foto: http://www.gehirnvital.de

Warum ums Himmels Willen aber speichert unser Hirn gleichzeitig völlig unbedeutende Ereignisse, befrachtet unsere Gedanken mit banalen Dingen – gerade auch per täglichen Social Media-Klatsch – während wichtige andere in völliges Vergessen gleiten? Ich halte es für möglich, dass uns an unfehlbar aufscheinenden, unnützen Erinnerungen irgendetwas berührt, gefesselt oder sonst wie angesprochen hat, um einen bleibenden Eindruck zu produzieren. Das mag von Mensch zu Mensch unterschiedlich und höchst persönlich sein.

Oder sind das plausible Fehlschaltungen, vielleicht nichts weiter als eine Laune der Natur?

Eigentlich schön, gibt es im menschlichen Dasein noch Geheimnisse.

Wo man am meisten fühlt, weiß man am wenigsten zu sagen.“ (Annette von Droste-Hülshoff)

Liebe Grüsse, Elisa
27.07.2022