Eine Maus wusste aus Angst vor der Katze nicht mehr ein noch aus. Ein Zauberer hatte Mitleid mit ihr und verzauberte sie in eine Katze. Doch die Katze bekam Angst vor dem Hund, also verwandelte der Zauberer sie in einen Hund. Aber der Hund fing an, sich vor dem Tiger zu fürchten. Der Zauberer überlegte und machte aus ihm einen Tiger. Der Tiger wurde von Angst vor dem Jäger erfüllt.
Da gab der Zauberer auf. Er verwandelte den Tiger in eine Maus zurück und sagte: «Nichts, was ich tue, wird dir helfen, weil du das Herz einer Maus hast.» (Usama Al Shahmani, irakisch-schweizerischer Schriftsteller)
Veränderungen beginnen im Herzen.
Ich wünsche uns allen mehr Vertrauen in die Zukunft und viel Mut für Veränderungen.
Das entfernt mit mir verwandte Ehepaar war bereits über 80, als eine ärztliche Diagnose den beiden ihre alten Tage vergällte. Der Arzt hatte dem Mann eröffnet, dass er einen Leistenbruch habe, und ihn auch gleich im Spital angemeldet. Auf dem ganzen Heimweg jammerte der Patient: «Ich gehe nicht ins Spital, ich war noch nie im Spital, ich habe Angst vor dem Spital, unter keinen Umständen gehe ich dorthin.» Sie versuchte ihn zu besänftigen, erklärte geduldig: «Du hast doch gehört, dass die Operation unumgänglich ist. Das ist nicht so schlimm, es ist eine leichte Operation. Du musst auch nicht lange im Spital bleiben.» Er aber liess sich nicht beruhigen.
In dieser Nacht schliefen beide schlecht. Am Morgen gegen 6 Uhr schreckte sie aus dem Schlaf auf. Das Bett neben ihr war leer. Sie wohnten im zweiten Stock in einem der historisch wertvollen Altstadtbauten in der Nähe der Kirchenfeldbrücke in Bern. Auf blossen Füssen rannte sie im Nachthemd ins Treppenhaus und sah gerade noch, wie er nach unten ging. Er trug Pantoffeln, einen karierten Pyjama und darüber seinen seidenen Morgenmantel. «Um Gottes Willen, Henri, wo gehst du denn hin in diesem Aufzug?» rief sie ihm nach. Seine Antwort liess sie Schlimmes erahnen: «Ich will nicht ins Spital. Lieber bringe ich mich um. Ich gehe jetzt zur Kirchenfeldbrücke und springe hinunter.»
Immer wieder haben verzweifelte Menschen mit einem
Sprung von dieser Brücke Selbstmord begangen. Nach einer Häufung von Suiziden mit traumatisierten Augenzeugen liess die Stadt
2015 den Brückenzaun mit Fangnetzen sichern, wie das bei der Münsterplattform
bereits der Fall war. Zum Zeitpunkt meiner Geschichte waren die Fangnetze
jedoch noch nicht angebracht.
Sie geriet in Panik und schrie, den Tränen nahe, nach unten: «Bitte,
bitte, tu das nicht, ich flehe dich an. Denk doch…» Da fiel die Haustüre ins
Schloss. In fliegender Eile, mit zittrigen Händen, wusch und kämmte sie sich,
schlüpfte fahrig in ihre Kleider, um ihm zu folgen. Als sie eben das Haus verlassen
wollte, kam er mit gesenktem Kopf zurück und sagte leise: «Heute kann ich nicht
springen, es hat bereits zu viele Leute auf der Brücke. Aber ich gehe niemals
ins Spital.»
Beinahe hätte sie gelacht. Später am Morgen beschloss der herbeigerufene Arzt, dem alten Mann eine starke Beruhigungsspritze zu verabreichen. Er schlief fest, als ihn zwei Pfleger zu Hause abholten und ins Spital brachten.
Nach der Operation, nachdem er aus der Narkose erwacht war, sah er seine Frau verwundert an und meinte: «Es hat ja gar nicht weh getan. Wenn ich das bloss gewusst hätte…» Da lächelten sie einander an, erleichtert – und fast ein wenig spitzbübisch.