Der Orient, Teil V: Von antiken Schätzen, Beduinen-Kaffee und dem greisen Moses

Foto reiseuhu.de: Amman, Jordaniens Hauptstadt

Forts.: Auf einem unserer Ausflüge erzählte der Reiseführer von einem Mann, der bei seinem Gang durch die Wüste beinahe verdurstete. Als er endlich einen tiefen Brunnen fand, stürzte er sich hinein und trank und trank. Der Versuch, wieder hinauszuklettern, scheiterte, weil die Wände sehr hoch und aalglatt waren. Wie kam er schließlich heraus? Denn er kam heraus. Großes Rätselraten. „Nass!!“ grinste Younes.

Foto Jordanienonline.de: Blick auf die fruchtbare Ebene

Im Gegensatz zur Wüste ist das Jordantal äußerst fruchtbar. Hier wachsen Orangen-, Zitronen- und Mandarinenbäume, weiden Schafherden und wilde Kamele. Allerdings ist dieses prächtige Stück Natur in Gefahr. Denn das Tote Meer ist ein Binnengewässer, das über keinerlei Abfluss verfügt. Es hat lediglich Zuflüsse, von denen der Jordan der größte ist. Aufgrund der Wasserknappheit im Nahen Osten wird dem Jordan das meiste Wasser entnommen, bevor er das Tote Meer erreicht. Das hat die fatale Folge, dass das Gewässer, welches permanent verdunstet, nicht genügend neues Wasser erhält, um seinen Wasserspiegel zu halten. Somit nimmt der Salzgehalt im Toten Meer zu und seine Größe wie auch sein Wasserspiegel nehmen ab. Da der Meeresspiegel pro Jahr um einen Meter sinkt, könnte das Tote Meer in 30 Jahren verschwunden sein.

Photo by Ryan Baker on Pexels.com

Per Taxi liessen wir uns an einem der letzten Tage ins Handwerks- und Kunstzentrum KanZaman führen. KanZaman ist ein ehemaliges, von einer Mauer umgebenes Dorf, in dem heute Weber, Glas- und Silberkünstler sowie wunderschöne Läden untergebracht sind, und wo abends folkloristische Darbietungen stattfinden. Das Dorf wurde von Königin Alia gegründet, und deshalb kann man auch darauf vertrauen, echte Handwerkskunst zu einem realen Gegenwert zu erhalten. Wow, endlich tolle Läden!! Anstatt mit DEM MANN Tee zu trinken, machte ich eine fast schon euphorische Einkaufstour. Das kostbarste Stück, das ich in einem kleinen Antiquitätenladen erstand, war für mich eine römische Münze aus dem 3. Jahrhundert nach Christus mit Kaiser Constantins eingeprägtem Antlitz, die in der ehemaligen römischen Ruinenstadt Jerash gefunden wurde. Die Einfassung symbolisiert sowohl die Kirche wie auch die Friedenstaube. Laut Chef-Numismatiker der Berner Kantonalbank ist sie echt! Juhui! Es ist zwar keine ausgesprochen seltene, sondern eine Alltagsmünze, die den Toten als Grabbeigabe mitgegeben wurde, aber immerhin.

Foto Elisa: Mein römischer Anhänger
Foto: fr.numista.com: Kaiser Constantin II

Als wir KanZaman etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang verliessen, gab der Chauffeur Gas, um uns noch den Mount Nebo (wenn auch bei schwindendem Tageslicht) erleben zu lassen. Nach der Legende liegt auf dem Mount Nebo Moses begraben. Und von hier aus soll ihm Gott das verheißene Land gezeigt haben, ohne ihm jedoch zu erlauben, es in seinem Leben je zu betreten, wie wir aus der Bibel wissen.

Foto roadunraveled.com: Gipfelkreuz mit Schlange auf dem Mount Nebo mit Blick ins Heilige Land

Da standen DER MANN und ich also kurz vor Sonnenuntergang auf dem Gipfel neben dem hohen Kreuz mit der Schlange, und zu unsern Füssen breitete sich die karge jordanische Landschaft aus, dahinter war im Dunst das fruchtbare Jordan-Tal, dann das Tote Meer und am gegenüberliegenden Ufer Israel, eben das verheißene Land, zu sehen. Von der Basilika, wo ein katholischer Priester für eine Gruppe Christen die Heilige Messe zelebrierte, wehten Gebete und leise Kirchenmusik herüber. Es war ein tief ergreifender Moment, wie wir so dastanden auf heiligem, uraltem Grund, im weichen, warmen, sich langsam ändernden Licht der untergehenden Sonne und der in Gold getauchten, wüstenartigen Landschaft zu unseren Füssen. Auf der ausgedehnten Rückfahrt ins Tal, den erstaunlich lange im Dämmerlicht liegenden Berg hinunter, kosteten wir die feierliche Stimmung bis zur Neige aus.

Foto artistry.love:
Sonnenuntergang auf dem Mount Nebo

Im Hotel erwartete uns eine «Arabian Night» mit feinem Beduinen-Essen und frisch gebrautem Kaffee. Dazu stand ein kleiner Ofen auf einem (natürlich echten) Orient-Teppich, und der Kaffee wurde mittels Holzfeuer zubereitet. Große Enttäuschung für uns kaffee-affinen Schweizer: es gab pro Person nur einen kleinen Schluck aus einem winzigen Tässchen. Dennoch hatten wir von den Schätzen Arabiens an diesem Tag besonders viel gekostet und freuten uns darüber.

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Foto Elisa:
Der „Kaffee“-Beduine

Es gäbe noch einiges zu erzählen, aber ich lasse es damit bewenden. Eine Gegend, ein Land selbst zu entdecken, macht noch mehr Freude, nicht wahr?

Wir und der König
Foto jordanien.de: Markt in Amman

Ende.

PS: In eigener Sache: Ich mache PAUSE bis im März, da ich mich in den nächsten Wochen einer Operation des grauen Stars an den Augen unterziehen muss und diese daher etwas schonen muss. Das gilt fürs Schreiben und fürs Lesen am PC. Bis bald, liebe Grüße, Eure Elisa
08.02.2023

Der Orient, Teil IV: Noch mehr rosa Felsen (Forts. Petra)

Forts.Petra: Wir kehren zurück zu den Glanzzeiten der Nabatäer. Sie beherrschten die Handelsrouten des antiken Arabiens (insbesondere die Weihrauchstrasse), indem sie Zölle erhoben und im Gegenzug dafür die mit indischen Gewürzen und Seide, afrikanischem Elfenbein und Tierhäuten beladenen Karawanen beschützten, die sich hier auf ihrem Weg in den Norden eine Ruhepause gönnten und frisches Wasser für Mensch und Tier „tankten“.

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In der Neuzeit hat man an den Felsen am Wegrand Richtung Petra eingeritzte Namen und Botschaften gefunden. Sie lassen den Schluss zu, dass sich die Karawanen jeweils monatelang auf der Reise befanden – einer gefährlichen, entbehrungsreichen Reise, nicht nur wegen der beschwerlichen Pfade. Mörderische Räuberbanden gierten nach den kostbaren Transportgütern, so dass unterwegs äußerste Vorsicht geboten war.

Foto travelwithbrothers.com: das Kloster El Deidre

Was muss das für eine lebhafte, von Mensch und Tier wimmelnde, erstaunliche Stadt inmitten der Wüste gewesen sein – mit majestätischen Bauwerken, feiner Kultur, sprudelndem Wasser, Palmenhainen, leuchtenden Blumen und saftigen Früchten! Welch glanzvoller Reichtum, verborgen hinter hohen Bergen! Versetzen wir uns ein paar Minuten in einen nabatäischen Karawanenführer. Fühlen wir seine Erleichterung, sein Glück, wenn er müde und durstig dort ankommt und – unerwartet fast – auf breiten Promenaden in diese blühende Stadt hineinschreitet?

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Ihre Toten höhlten die Nabatäer aus (ih!) und füllten sie mit Salz, bevor sie sie bestatteten. Man weiß nicht genau, welche Gebäude als Heiligtümer, Paläste oder Gräber, oder als Gräber und Häuser dienten. Eines weiss ich hingegen sicher: Eine der Höhlen dient jetzt als Touristen-Toilette – mit den marmorartigen Steinmustern fand ich sie die schönste Toilette der Welt – was DER MANN mit einem ungläubigen Lächeln quittierte.

Natürlich sind seit unserem Besuch 1999 weitere Ausgrabungen gemacht worden. Teile der Geschichte Petras werden also immer wieder neu geschrieben. Noch ist Vieles unbekannt. Bis heute gelten die Nabatäer als geheimnisvolles Volk.

Zu meinem letzten Beitrag erreichte mich von Bloggerin Gisela Seidel dieser ergänzende und korrigierende Kommentar, der mir sehr wertvoll erscheint:

Danke für Deinen interessanten Reisebericht über eine der bedeutendsten Städte des Nabatäerreiches. Dieser Volksstamm war zunächst ein Räuberclan. Es ist kaum vorstellbar, dass ein primitives Nomadenvolk zu solch imposanten Bauwerken fähig ist. Der Weg dorthin ist ein Abenteuer für sich. Kaum zu glauben, dass hier vormals 30.000 Menschen lebten. Von wem stammt die Annahme, die Nabatäer seien das erste Volk gewesen, das sich geschlossen zum Christentum bekannte? (Von unserem Reiseleiter, Elisa) Das Christentum war ab 363 n. Chr. Staatsreligion, 636 wurde es durch eine Schlacht wieder muslimisch. Soweit ich weiß, glaubten die Nomaden zunächst an viele Götter. Es ranken sich viele irreführenden Überlieferungen um dieses Volk. Auf keinen Fall stammen sie vom Urenkel Abrahams statt. Die nabatäischen Schriften ähnelten der aramäischen Sprache (die Jesus sprach, Elisa) Später, ab dem 4. Jahrhundert, ging die Sprache in das Arabische über.

Foto: KHALIL MAZRAAWI: Das „Schatzhaus“ fasziniert immer wieder neu

Als die Römer die reiche Stadt erobern wollten, kappten sie die Wasserleitungen. Und sie hatten richtig überlegt: Im Jahre 106 n.Chr. konnten sie Petra erobern. 363 wurde die Glanzvolle leider von einem schweren Erdbeben heimgesucht und stark zerstört. Nach weiteren Erdbeben in den Jahren 419, 551 und 747 sowie nach der Eroberung der Region durch die Muslime 636 verließen die letzten Einwohner im Mittelalter die Stadt, die längst ihre Bedeutung und ihren Reichtum verloren hatte.

Photo by Anthony : ) on Pexels.com

Touristen sollten Petra während der regnerischen Jahreszeit, so ab November, möglichst NICHT besuchen, da das Wassersystem nicht mehr funktioniert. Bereits leichter Regen kann Sturzbäche, ja heftige Wasserfälle zur Folge haben, und dann steigt das Wasser in der Schlucht rasant an. Dieser Umstand wird leider nicht ernst genug genommen. In den 60er Jahren ertrank eine französische Reisegruppe samt Reiseführer während starker Regenfälle im Siq, 2018 wurden Tausende Touristen aus der antiken Stadt auf dramatische Art gerettet, es gab ebenfalls einige Tote, und im letzten Dezember mussten erneut 1700 Menschen evakuiert werden. Wir empfanden Petra im September als angenehm kühl, im Gegensatz zu den Temperaturen am Toten Meer. Man muss die Stadt also nicht erst im Winter besuchen.

Foto: AP Photo/Sam McNeil: Bei Regen wird’s hier ungemütlich, Regen-Pelerinen nützen da nicht viel

Mit Erfindergeist preisen die Beduinen für den Rückweg das Reiten auf einem Kamel, einem Pferd oder Esel als „transport with air-conditioning“ an. Lassen wir uns verlocken, traben gemeinsam los?

Ach nein, heute verzichte ich! Meine damaligen Reitversuche auf einem braven Pferdchen endeten ziemlich kläglich, da ich meiner Lebtag noch nie auf einem Pferderücken gesessen war. Schief hing ich im Sattel, hielt mich krampfhaft an Ross und Zügeln fest, um nicht hinunter zu fallen – was den Reiseleiter zur Bemerkung reizte, ich sähe aus wie eine zerquetschte Zitrone. Dann lachte er sich krumm, dieser Frechling, während ich mich weiterhin stumm abmühte. Kann man in einer solchen Situation etwa noch schlagfertig sein?

Photo by Yasir Gu00fcrbu00fcz on Pexels.com

Auch Petra zählt zu den „Neuen Sieben Weltwundern“. Faszinierende Bilder, nicht wahr? Vielleicht wart Ihr schon vor mir dort. Dann wisst Ihr, warum man die antike Stadt auch „die Erhabene“ nennt. Wenn nicht: nichts wie hin – es lohnt sich! (Forts. folgt)

Postkarte: Blick von den Felsen hinunter
auf El Deidre

Eure noch immer pferdescheue Elisa
04.02.2023

Im Orient, Teil III: Von Weihrauch, Nomaden und rosa Felsen

Foto naturalbeauty.de:
Brennender Weihrauch

(Forts.)

Habt Ihr schon einmal vom alten Volk der Nabatäer gehört, die 169 vor Chr. die legendäre rosarote Felsenstadt Petra im Süden Jordaniens gründeten? Man vermutet, dass sie von den Urenkeln Abrahams abstammten. Jedenfalls befindet sich auf einem der hohen Felsen ein uralter Altar, auf dem Abraham seinen Sohn Isaac hätte opfern sollen. (Wie merkwürdig: In Jerusalem hörten wir dieselbe Geschichte, allerdings war dort der Tempelberg Ort des Geschehens!) Auch das Grab Aarons, Moses‘ älterem Bruder, wird in dieser Gegend vermutet und durch einen weißen, weitherum sichtbaren Schrein auf einer Bergkuppe gekennzeichnet. Immerhin gelten die Nabatäer als das erste Volk, das sich geschlossen zum Christentum bekannte.

Photo by Tomu00e1u0161 Malu00edk on Pexels.com

Sie wurden nach langen Jahren des Nomadenlebens dort sesshaft. Unfruchtbare Landstriche verwandelten sie in blühende Gärten. Ihre Karawanen brachten Weihrauch, Myrrhe und andere Schätze aus dem Süden Arabiens und verhalfen ihnen zu unermesslichem Reichtum. Auch ein von ihnen geschaffenes raffiniertes Wassersystem mit Dämmen und Kanälen trug wesentlich dazu bei.

Nicht weniger Staunen weckt ihr bildhauerisches Können. Anstatt die Gebäude ihrer Stadt zu errichten, schlugen und meißelten sie sie aus dem Felsen, wobei sie geschickt die natürliche farbenprächtige Schönheit des Gesteins, von rosa bis tiefrot, von beige, braun bis Purpur und Ocker, und seine marmorartigen Muster ausnutzten. Die sogenannten Fassaden, durch die man in die Gebäude gelangte, stehen meist auf hohen Felsvorsprüngen, und die größte ist von dort aus nochmals etwa 50m hoch und breit.

Seit jeher geheimnisvoll, versteckt sich Petra an einem noch heute verborgen anmutenden Ort hinter den Bergen, und man kann es nur zu Fuß durch eine enge Schlucht erreichen; es war wohl deshalb während mehr als 300 Jahren verschollen, bis es ein Schweizer Forscher, Johann Ludwig Burckhardt, 1812 wiederentdeckte.

Seid Ihr bereit? Denn nun wandern wir gemeinsam durch diese Schlucht, den Siq. DER MANN, verlässlich und ruhig, ist mit dabei. Der Siq ist 1,2 km lang, aber auf weichem Sand gut zu durchqueren, obwohl der Pfad nur ein paar Meter schmal ist. Schaut hinauf, in das spärliche Stück blauen Himmels und staunt darüber, wie sich die Wände bis zu 200 Metern steil emporschwingen! Da kommen wir uns auf einmal ganz klein vor, nicht? Am Wegrand bewundern wir die Überreste des genialen Wassersystems, sie sehen ähnlich aus wie bei uns in den Walliser Bergen die sog. Bissen.

Und jetzt, da wo die Schlucht am engsten ist, erwartet uns ein Höhepunkt: Nach einer Wegbiegung ragt es plötzlich auf, prächtig und dominant, das sogenannte Schatzhaus! Es ist ein unvergesslicher Anblick. Ich bekomme nach wie vor Gänsehaut, wenn ich unten stehendes Foto betrachte.

Foto REUTERS/Muhammad Hamed: Das „Schatzhaus“ am Ende der Schlucht

Wir gehen weiter. Kurz darauf wird das Tal weit, und ich glaube, dass jeden, der diesen besonderen Ort durchwandert, ehrfürchtiges Staunen ergreift. Seine Schönheit, sagt man, kommt beim Blick von den hohen, das ausgedehnte Tal umgebenden Felsgebirgen sogar noch besser zur Geltung. Und blindlings, fast wie dem Rattenfänger von Hamel, würde man den stolzen Beduinen auf ihren Kamelen kilometerweit durch die rosaroten Ruinen und auf schmalen Pfaden hinauf auf die Felsen folgen, würden sie einen dazu auffordern…

Photo by Emma Bosley- Ritchie on Pexels.com

Immerhin hindert uns niemand daran, dass wir nun selbst ein wenig klettern, wenigstens einen einzigen der steilen Zugänge hinauf, um von dort, vom Vorplatz eines mächtigen Palastes, die Aussicht auf das Tal zu genießen. So können wir uns vorstellen, wie riesig die Stadt war.

Foto Elisa: Es geht hoch hinauf
Photo by Valdemaras D. on Pexels.com

(Forts.folgt)

Eure in Weihrauchduft schwelgende Elisa
01.02.2023

Im Orient, Teil II: Von Salzkrusten, Schlamm und Tausendfüsslern

Forts.: Nicht alle lieben den Orient, dessen bin ich mir bewusst, doch sehr oft ändern Europäer nach einer Reise dorthin ihre Meinung. Denn es sind Orte der Poesie: schillernd und kraftvoll, erdig und geheimnisvoll, sprudelnd und weit, lebensvoll und lebensfeindlich, mit anderen Worten, herrlich kontrastreich! Es sind starke Bilder, die verschiedene Ferienaufenthalte bei mir hinterlassen haben.

Heute erzähle ich ein wenig von Jordanien. Auch dort war ich mit DEM MANN, das war 1999 – du meine Güte, ist das schon lange her – und doch sind die Eindrücke immer noch derart lebendig!

Foto Jordanien-Reisen.info: Das Tote Meer mit den salzverkrusteten Ufern
Foto Mövenpick Hotel: Zara-Spa mit Blick aufs Tote Meer

Wir waren im damals neuen Mövenpick-Hotel untergebracht, dessen Architektur einem orientalischen Dorf nachempfunden war. Mit seinen verträumten Gassen, Treppen, Arkaden, plätschernden Brunnen und in Mauernischen eingelassenen Lämpchen verzauberte es uns gleich bei der Ankunft. Es lag etwa 430m unter dem Meeresspiegel. Wenn mittags oder abends ein heißer Wüstenwind wehte, hatte man bisweilen das Gefühl, fast zu ersticken. Umso beliebter war die „Happy Hour“ abends so etwa um halb sechs. Dann trafen DER MANN und ich uns mit andern Hotelgästen zum Dorfklatsch – aber nicht etwa an der Bar oder auf dem Dorfplatz, sondern im Toten Meer. Das war eine lustige Sache, weil man bei der hohen Salzkonzentration im Wasser Auftrieb wie ein Korken bekam. Weniger lustig waren die Tausendfüßler, die zwischen den salzverkrusteten Steinblöcken am Ufer lauerten, um dann plötzlich in Windeseile über die Wasseroberfläche zu rennen mit dem Ziel, uns hinterlistig in den Rücken zu stechen.

Photo by Pixabay on Pexels.com: Lauernder Tausendfüssler

Tagsüber waren wir oft faul. Uns gefiel der ungewöhnliche Swimming Pool. Er war weitläufig, mit Salzwasser gefüllt, und an seinen seichten Rändern war reichlich Sand ausgebreitet. Doch kaum lagen wir auf den Liegestühlen, begann der tägliche Kampf gegen Plagegeister, kleine Fliegen nämlich, die die Frechheit hatten, sich gleich sippenweise auf menschlichen Füssen und Gesicht niederzulassen. Auf DEN MANN, den Ärmsten, hatten sie es besonders abgesehen (ich liebe sein Gesicht ja auch!), und bisweilen ging’s vor dem Schlafengehen weiter, mit einer nächtlichen Jagd nach Ameisen auf dem Zimmerboden oder gar im Bett. Ich glaube, in diesen Momenten hatte DER MANN ein wenig Heimweh nach der Schweiz.

Foto horizonfinder.de:
Eingeschmiert mit Schlamm vom Toten Meer,
was sehr gesund ist und Hautkrankheiten zu heilen vermag

Behandlungen mit Meersalz sind ausgesprochen gesund. Ich gönnte mir im Gesundheitszentrum eine sog. „Dry Floatation Therapy“, eine Behandlung mit heißem, heilendem Schlamm aus dem Toten Meer, mit dem man am ganzen Körper eingeschmiert wird und den man, eingehüllt in mit Wasser gefüllten Decken und in eine Wanne abgesenkt, etwa 20 Minuten einwirken lässt. Ein absolut herrliches, wahnsinnig entspannendes Gefühl, weil man richtig schwebt, wie schon der Name sagt, und – wie mir die Therapeutin verriet – auch die Lieblings­therapie des damals jungen Königs Abdullah II. Er käme jeweils vor Sonnenuntergang, erzählte sie, beschützt von seinen Leibwächtern, wenn die Hotelgäste noch schliefen. Da lag ich also auf dem gleichen Bett wie seine Hoheit beliebte – wenn auch natürlich nicht zur gleichen Zeit… Ob die Geschichte bloß ein Märchen war? Einerlei! Träume sind erlaubt, besonders, wenn die Umgebung Zauberhaftes vorgaukelt.

Foto von Freundin Heidi Wildi: Der Präsidentenpalast Quasr al Watan
in Abu Dhabi wirkt schon von weitem imposant

Auch wenn Ihr weder „floaten“ möchtet noch königliche Ambitionen habt: Ich überlasse Euch nun Euren Träumen. Es wartet noch mehr Spannendes beim nächsten Mal, wie z.B. ein Besuch in Petra. (Forts. folgt)

Eure Elisa
25.01.2023

Der Orient, Teil I: von Datteln, Goldsand und lieblichen Düften

Liebt Ihr Datteln? Ich schon. Doch welche? Da scheiden sich die Geister. Die eher trockenen Deglet Nour finde ich fein, während mir die dicken, frischen aus Israel fast zu süss sind. Die weltweit besten Datteln, sagte man uns in Dubai, seien die Bateel-Datteln. Sie gelten in der verrückten Wüstenstadt als Delikatesse und sind z.B. mit Nüssen, Ingwer, kandierten Zitronen- oder Orangenschalen gefüllt.

Habt Ihr gewusst, dass Palmen richtige Überlebenskünstler sind? Dank ihrem cleveren Wasserhaushalt gedeihen sie in der kargsten Wüste. Denkt Euch, sie wachsen seit 79 Millionen Jahren auf unserer Erde, haben also selbst die Dinosaurier überlebt. Nicht auszudenken, wenn’s umgekehrt wäre!

So, nun noch rasch eine Dattel in den Mund gesteckt – und ab geht’s in die Wüste!

Erinnerungen an Erlebtes locken mich immer wieder in die Wüste mit ihrer Ursprünglichkeit. Begleitet Ihr mich? Das könnt Ihr getrost tun, denn ich nehme Euch mit auf eine Reise der Sinne – ohne Hitze oder Durst, ohne brennende Augen, mühelos, einer Fata Morgana gleich, und sie löst Freude aus! Ich sehe endlose Sanddünen, weich und glatt, Welle um Welle wie in Gold getaucht. Heißer Wüstenwind streicht über ihre Flanken, wirbelt Staub auf in einer Landschaft, die sich durch Verwehungen laufend wandelt. Eine Kamelkarawane zieht gemächlich ihres Wegs. In einer Senke blitzt das dunkle Grün einer Oase mit schlanken Palmen auf. Hier ist das Licht klar, sind die Konturen scharf. Kaum hörbar, blubbert ein frisches Gewässer. Eine Brise fährt raschelnd durch Palmwedel, unter denen verheißungsvoll üppige Büschel reifender Datteln leuchten. Schön, nicht?

Foto von Freundin Heidi Wildi: Dattelpalme

Ihr merkt es: Der Orient hat etwas stark Anziehendes für mich. Doch sind es nicht nur Gedanken an die Wüste – nein, an orientalische Gegenden überhaupt – die mich schwelgen lassen und mich stets aufs Neue dorthin ziehen. Ich rieche schweres Parfum, sehe würzige Weihrauchdüfte aufsteigen, schlendere durch enge Bazars, bewundere die Anmut der Frauen und die Geschmeidigkeit der Männer, sehe kräftige Farben und Gold aufblitzen, höre Trommeln, die das Herz höherschlagen lassen, kurz, ich erlebe beglückt die ganze Mystik dieser Orte, als hätte ich sie erst gestern besucht.

Foto von Freundin Heidi Wildi: Die Scheich-Zayid-Moschee in Abu Dhabi
Foto von Freundin Heidi Wildi: Die Scheich-Zayid-Moschee in Abu Dhabi
Foto von Freundin Heidi Wildi:
Kostbare Details in der Scheich-Zayid-Moschee

So viel kraftvolle Schönheit und Eleganz! Ob ich Euch mit meiner Begeisterung anzustecken vermag? So oder so, hier als Ergänzung zu unserer virtuellen Reise noch ein paar handfeste Tatsachen:

Wahrscheinlich ist Euch bekannt, dass die ornamentreiche, islamische Baukunst bis nach Indien getragen wurde. Dort erlebte sie als indo-islamische Mogul-Architektur zwischen 1526 und 1858 ihre Blüte. So stammen einige der bedeutendsten Baudenkmäler des indischen Subkontinents aus jener Zeit, u.a. der Taj Mahal, der zu den „Neuen Sieben Weltwundern“ gehört. Noch heute können wir die islamischen Spuren überall in Indien bewundern, in Moscheen, Mausoleen, an Palästen, in Gärten. Denn tatsächlich prägte die Epoche der Moguln die indische Kunst und Kultur nachhaltig, auch in den Bereichen Malerei, Sprache und Literatur – bis der letzte Großmogul von den Briten 1858 entmachtet wurde. (Forts. folgt)

Träumerisch, Eure Elisa
18.01.2023

Ein wenig Nonsense

Auch Nonsense macht hin und wieder Sinn, und sei es nur, dass er ein Schmunzeln hervorruft. Das neue Jahr ist noch jung, und an seinem Beginn liegen Sinn und Unsinn ohnehin ganz nah beieinander.

Als Schreibübung habe ich einmal ein kleines Nonsense-Gedicht verfasst, in dem ich nur einsilbige Wörter verwendet habe. Vielleicht habt Ihr Freude daran?

Der Wurm sitzt auf der Bank am See
Der Mond scheint hell
Dem Wurm ist „sturm“*
Drum fragt er schnell:
Was seh ich da bei Tag, bei Nacht?

Der Fisch, der alte Dieb, ruft laut: Es ist ein Schiff, gib acht!
Komm mit, komm mit, es ist der Hit!
Zu dumm: Der Wurm hüpft flott ins Gras – und in den See.
Der Fisch, der Wicht, schreit froh: Jetzt hab‘ ich dich!
Was für ein Glück! Nun sind wir quitt!

Seht nur, s’ist wahr und doch so fies: Er frisst den Wurm mit Haut und Haar.
Dann schwimmt er weg, mit Saft und Kraft, durch Tang und See,
singt laut und lacht: He he, he he, he he.

Den Kahn mit Rad sieht er zu spät –
und jetzt sind Wurm und Fisch
zu zweit im Grab
im Schlamm im See – he, heh!

*schweizerdeutsch für schwindlig

Photo by imsogabriel Stock on Pexels.com

Hoffen wir auf ein gelingendes 2023, ganz ohne Regenwurmpolitik! Und das Wichtigste: Lassen wir uns nicht einlullen von falschen Versprechungen, seien wir auf der Hut vor jeglicher Art von Einflüsterungen, die nur das Ihrige im Sinn haben. Für unsereins kommen sie ganz selten von Fischen…

Mit einem fröhlichen Augenzwinkern, Eure Elisa
12.01.2023

Nachtrag zum Thema Schenken

Über Eure zahlreichen Kommentare habe ich mich sehr gefreut. Dadurch angeregt, sind mir weitere Geschichten rund ums Schenken eingefallen. Wollt Ihr sie hören?

Geschenke für Männer sind, zumindest für mich, besonders schwierig. Nicht so bei meinem Sohn. Schon als Teenager war er kompromisslos ehrlich. So sagte er zum Beispiel einmal: «Ich habe keine Freude an einem T-Shirt aus einem Land, das ich nicht kenne. Kauf mir nach einer Reise lieber hier ein paar feine Pralinen, da hab ich mehr davon.» Durch seine Offenheit war mir bald klar, worüber er sich freute. Im Gegenzug wusste auch er ganz genau, was ich mir insgeheim wünschte, oder von dem ich noch gar nicht wusste, dass ich es mir wünschte. Seine Geschenke trafen immer ins Schwarze und sind mir noch heute sehr lieb. Einander Nahestehende haben es mit Sicherheit leichter.  

Nach meiner Scheidung kaufte ich während Kurzferien im Tessin in einer Kunstgalerie ein Bild. Auf dem Postweg nach Bern ging das Glas zu Bruch, was ich dem Galeristen mitteilte. Kurz darauf erhielt ich einen prächtigen Strauss Rosen: 21 Stück, alle in verschiedenen Farben. Angeheftet war eine kurze Notiz: «Natürlich bekommen Sie ein neues Bild. Aber diesmal liefere ich es persönlich ab. In 21 Tagen bin ich bei Ihnen.» Das war der romantische Beginn einer besonderen Freundschaft.

Photo by Jess Bailey Designs on Pexels.com

Eine Freundin schenkte mir eine Silberkette mit einer stilisierten Inuit-Frau aus massivem Silber. Der aparte Schmuck stammte von ihrem jungen Schwager, der kurz zuvor mit dem Flugzeug tödlich abgestürzt war. Er hatte für eine Hilfsorganisation als Heli-Pilot gearbeitet. «Ich weiss, er hätte gewollt, dass du diese Kette bekommst», erklärte sie. Das war das stumme, bestürzende Ende einer scheuen Zuneigung.

Foto von Ansgar Walk: Inuit People

Auf einer Wanderung mit Mann und Kind blieb ich bei einem Bauerngarten stehen, um die herbstlichen Blumen zu bewundern, die in allen Farben um die Wette leuchteten. «Haben Sie einen wunderschönen Garten», sagte ich zur Bäuerin. Als ich weitergehen wollte, rief sie: «Warten Sie!» und pflückte mir einen herrlichen Dahlien-Strauss, der fast zu gross war für mich. Sorgsam trug ich ihn für den Rest der Wanderung in den Armen und nach Hause. Das war ein unvergessliches Erlebnis, das mich tief beglückte.

Foto by Localflowers.org.: Dahlien

Solch unerwartete Glücksmomente wünsche ich Euch im 2023 immer wieder! Liebe Grüße, Elisa
Dreikönigstag, 06.01.2023  

Ist Geben (Schenken) seliger denn Nehmen?

Weihnachten ist vorbei, und mancherorts sind Geschenke ausgetauscht worden. Hoffen wir, dass sie nicht bereits wieder umgetauscht worden sind!

Macht Ihr auch so gerne Geschenke? Was macht Ihr für Erfahrungen? Nur positive? Vor Jahren merkte ich, dass es einem Kollegen nicht so gut ging. Daraufhin kaufte ich ein paar Flaschen mit gesunden Bio-Früchte- und Gemüse-Säften für ihn und brachte sie ins Büro. Er schien wenig begeistert. «Magst Du keine Säfte?» fragte ich erstaunt, denn ich liebe Säfte über alles und glaube daran, dass sie gut tun. «Nein!» war die Antwort. «Weißt Du, meine Mutter nötigte mir während meiner Kindheit diese Art Säfte dauernd auf: War ich müde oder aber munter, war ich krank oder aber gesund, immer musste ich einen Bio-Saft trinken, ob ich wollte oder nicht. Seither hasse ich sämtliche ach so gesunden Säfte!» Ich muss gestehen, ich war enttäuscht, es war doch wirklich ein freundlicher Einfall gewesen. Gleichzeitig schätzte ich seine Ehrlichkeit. Wer weiss, wie viele Geschenkpannen uns im Laufe des Lebens passieren, ohne dass wir je erfahren, dass unsere Gabe gar nicht gefällt.

Photo by Anna Tarazevich on Pexels.com

Die Bundesrätin, zu deren Mitarbeiterstab ich einst gehörte, war sehr beliebt. Wohl deshalb wurde sie mit Geschenken regelrecht überhäuft: Von wertvollen Staatspräsenten wie hochwertigen Büchern, Bildern, Kunstwerken, bis hin zu viel Selbstgestricktem, Selbstgebasteltem und hausgemachtem Gebäck war alles dabei. Die getrockneten Pilze eines Pilzliebhabers durfte sie natürlich nicht essen, sie hätten ja giftig sein können. Und die vielen Strickwaren passten ihr kaum. Was also machen mit diesen aus warmem Herzen gespendeten Dingen? Sie löste das Problem mit Erfindergeist: Einmal im Jahr bekamen wir die Gelegenheit, auf einfache Weise einen Teil der «Schätze» zu ersteigern, was wir jeweils mit Begeisterung taten, denn immer waren da auch ganz besondere «Perlen» eines Kenners dabei. Ich will hier mein Glanzstück nicht verraten… Den Erlös der Versteigerung spendete sie einer sozialen Institution.

Was macht Ihr, wenn Ihr von einer freudigen Geberin, einem grosszügigen Geber etwas Unpassendes bekommt, das Euch nicht gefällt? Schenkt Ihr es einfach weiter, frei nach dem Motto: „Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul“? Sagt Ihr die Wahrheit wie mein Kollege und nehmt allfällige Kränkungen in Kauf, oder seht Ihr dahinter eher die liebevolle Geste, die aufgewendete Mühe beim Ausdenken und Aussuchen des Geschenkes? Es ist und bleibt ein Dilemma, dünkt mich. Immerhin gibt ein «missratenes» Geschenk einen wichtigen Hinweis für Gegengeschenke. Denn wer schenkt schon etwas, das ihm missfällt? Es ist also mit Sicherheit etwas, das man im Grunde genommen selbst gerne hätte.

Ich bin gespannt auf Eure Meinungen.

Mit einem geschenkten Lächeln, Eure Elisa
04.01.2023

Zum neuen Jahr

Der Herr des Friedens selbst gebe euch jeden Tag seinen Frieden, was immer auch geschieht. Der Herr sei mit Euch allen. (2. Thessalonicher 3, 16)

Trostreich finde ich auch die Worte von Rumi, dem persischen Mystiker aus dem 13. Jhd.: Hinter jedem ‚O Herr!‘, das du sprichst, steht ein tausendfaches ‚Hier bin ich.‘

Ich wünsche Euch, zusammen mit DEM MANN, eine dicke Portion Lebensfreude, Wohlergehen, Frieden und Gesundheit, kurz:
Alles Liebe fürs 2023!
Elisa

Frohe Weihnachten!

Photo by sohail nachiti on Pexels.com

Regentropfen nehmen deine Tränen mit
küssen und sie streicheln dich
berühren auch das Herz
wie der Wind und sanfter Schmerz

Liebevoll im Sonnenstrahl
funkeln diese Tropfen
geben dir Geborgenheit
und eine kleine Zärtlichkeit

Photo by Karolina Grabowska on Pexels.com

Liebe alle,
Seien es nun Regentropfen, Eiskristalle oder Schneeflocken: Von Herzen wünsche ich Euch mit diesem zarten Gedicht von Christian Parisius gesegnete, fröhliche, besinnliche, herzerwärmende Festtage. Ich danke Euch für Euer Interesse an meinem Blog auch im zu Ende gehenden Jahr und freue mich über Eure Treue.

Grand Palace Hotel Riga: Xmas 2022

Herzlichst, Elisa
21.12.2022