Juli 2022, Teil 1 – Die Ostschweiz, meine alte Heimat: Saurer

Kennt Ihr das auch? Je älter ich werde, umso mehr zieht es mich zu meinen Wurzeln. Darum will ich Euch heute meine alte Heimat etwas näher bringen. Kommt Ihr mit mir ins Saurer-Museum in Arbon am Bodensee?

Prospekt des Saurer Museums am Bodensee

Adolph Saurer AG – ein Stück Industriegeschichte:
Kaum hatte ich letzten Sommer das Saurer-Museum betreten, wurde ich in Windeseile in eine vergangene Welt zurückversetzt. Denn gleich beim Eingang lief eine Webmaschine – die vertraute Melodie meiner Kinder- und Jugendjahre! Intensive, etwas wehmütige Gefühle durchströmten mich. Ich bin nämlich die Tochter eines „Webstübelers“, wie wir in Anspielung auf Tölpel-Witze augenzwinkernd sagten. Jeden Morgen punkt sieben setzten die etwa 30 Arbeiterinnen in der elterlichen Weberei die Webstühle in Gang. Ihr rhythmischer Klang bedeutete Heimat, war für mich eine wohlige, sanfte Art des morgendlichen Erwachens im Wand an Wand liegenden Wohnhaus.

Foto http://www.saurer-museum.ch: alte Stickmaschine

Wer ist die legendäre Adolph Saurer AG? Die weltbekannte Firma wurde 1853 von Franz Saurer als Eisengießerei für Haushaltswaren gegründet. Ab 1869 entwickelte sie sich von der Herstellung von Fahrzeugen einerseits sowie der Produktion von Stickmaschinen anderseits, bis zur Saurer AG als einen der größten Textilmaschinenhersteller der Welt, mit Fokus auf «Maschinen und Komponenten zur Garnherstellung» und einem zweiten Geschäftszweig «Fahrzeuggetriebe Bau», mit einem Umsatz von 1,6 Milliarden Euro und fast 9.000 Beschäftigten. Infolge Corona u.a.m. sind 2021 und 2022 „die Kompetenzen gebündelt“ worden, was für mich im Klartext bedeutet, dass die stolze Firma inzwischen durch den Verkauf oder die Auslagerung von Geschäftszweigen nunmehr erheblich kleiner dasteht.

Foto pinterest: Saurer Lastwagen, Oldtimer

Die grosse Masse der Sauer-Arbeiter (es mögen damals gegen die 4’000 gewesen sein) war der Alptraum meiner Schultage. Punkt 12 Uhr wurde das grosse Fabriktor geöffnet, und daraus ergoss sich eine dunkelgraue Lawine aus unzähligen Velofahrern auf die Hauptstrasse heraus und rollte in langen Reihen, die ganze Breite benutzend, durch den Ort, und zwar so rasch und so dicht, dass ein Überqueren der Strasse nicht möglich war – und genau dies musste ich tun, um nach Hause zu gelangen! Wenn die Schule mittags fertig war, lief ich deshalb jeden Tag den Hügel vom Schulhaus hinunter so schnell ich konnte, um die St. Galler-Strasse vor den Velofahrern zu erreichen. War ich zu spät, musste ich eine gute Viertelstunde lang auf dem «falschen» Trottoir ausharren, bis die hungrigen Arbeiter vorbeigerauscht waren und auch mir eine Chance aufs Mittagessen liessen.    

Foto http://www.fahrzeugbilder.de: Feuerwehrauto, Oldtimer

Schon früh war unsere Familie mit der Saurer AG verknüpft. Mein Großvater erlernte dort das Weben, danach gewährte man ihm ein Darlehen, damit er selbst eine Weberei gründen und aufbauen konnte. Ein Leben lang durfte er sich über einen freundlichen, wohlwollenden Umgang mit dem «großen Bruder» freuen. Später arbeiteten sein ältester Sohn und seine älteste Tochter bei Saurer, er als weltweit reisender Weberei-Techniker, sie als Webstuhl-Instruktorin in Frankreich. Ein angeheirateter Onkel fand als Buskonstrukteur ebenfalls eine äußerst anregende Saurer-Stelle in Arbon.

Foto Pfeffer: Saurer Webstuhl

Das Museum zeigt die einzigartige Geschichte der weltbekannten Firma in all ihren Facetten. Zu sehen sind Nutzfahrzeuge aller Generationen, angefangen mit dem 1903 neu konstruierten ersten Lastwagen überhaupt. Der legendäre «Car Alpin», das Postauto schlechthin, dann ein einzigartiger Bus der Trambahn Zürich, Militär- und Feuerwehrautos aller Typen sowie eine grosse Motorenausstellung zeugen vom unglaublichen Pioniergeist, der die damaligen Konstrukteure (unter ihnen mein Onkel) beseelte.

Foto bus-bild.de: Saurer-Postauto, Oldtimer

Soviel für heute. Das nächste Mal werden wir uns noch etwas genauer im Museum umsehen. (Forts. folgt)

Eure Elisa
31.05.2023

Bernie

1968 bis 2020

In liebevollem Gedenken an meinen unvergleichlichen Sohn

Foto von Fabienne Griessen

Immer mal wieder huscht ein Lächeln durch unsere Erzählungen – ein Lächeln über seine lustigen Einfälle, sein ansteckendes Lachen und seine vibrierende Lebenskraft.

Was einen Menschen auszeichnet?
Dass nach seinem Tod Menschen einen Verlust empfinden.
(Wolfgang J. Reus, 1959-2006)

Foto von Freundin Fabienne Griessen

23.5.2023

Kunst und Moral

Der Engländer Charles Dickens (1812 – 1870) gilt als einer der wichtigsten und einflussreichsten Schriftsteller des 19. Jahrhunderts. «David Copperfield», «Oliver Twist» u.a. sind Euch bestimmt ein Begriff. Dieser begabte Mann wusste die sozialen Missstände und das Leben der bitterarmen Unterklasse so kraftvoll und leidenschaftlich zu schildern, dass er die Zeitgenossen wachrüttelte und seine harschen Worte zu sozialen Reformen beitrugen. Als junge Frau war ich bitter enttäuscht, als ich erfuhr, dass dieser vortreffliche Schriftsteller alles andere als ein vortrefflicher Ehemann war, sondern einer, der seine Ehefrau nach der Trennung öffentlich verleumdete. Und dies, obwohl er vermutlich schon längere Zeit eine geheime Beziehung mit einer jungen Schauspielerin unterhielt. «Wie geht das zusammen, hohe Kunst und mieser Charakter?» fragte ich mich ernüchtert.

Photo by Charl Durand on Pexels.com, Rodin: Der Denker

Vor einiger Zeit las ich im Magazin unserer Tageszeitung ein «Editorial» von Bruno Ziauddin, das diese Problematik aufgreift:

Der italienische Goldschmied und Bildhauer Benvenuto Cellini (1500-1571) war einer der bedeutendsten Künstler der Renaissance. Dass er auch eine ganz andere Seite hatte, lesen wir in seiner Biografie, in welcher ihm zwei Morde und ein Totschlag sowie sexuelle Übergriffe auf Frauen und Minderjährige angelastet werden.

Foto Elisa: Trauernde Frau

Die Liste von Männern, die auf ihrem Gebiet grosse bis sehr grosse Künstler, menschlich jedoch kaum Vorbilder waren, ist lang. Auf die Liste gehören Namen wie Caravaggio, der einen Nebenbuhler mit dem Schwert tötete, Paul Gauguin und Edgar Allan Poe (Pädophilie), Richard Wagner (Antisemitismus), LeCorbusier (Nazi-Freundlichkeit), Ernest Hemingway und Roman Polanski (Frauenfeindlichkeit, Frauenhass).

Foto Elisa: Düster trotz Vollmond

Peter Handke, einer der besten Schriftsteller der Gegenwart, hegt eine gewisse Faszination für den Kriegsverbrecher Radovan Karadžić und begegnet dem Völkermord von Srebrenica mit erschreckender Gleichgültigkeit. Eva Menasse schrieb anlässlich der Verleihung des Literaturnobelpreises an Handke: «Das ist eines der Geheimnisse der Kunst und unverhandelbar; sie wird nicht vom guten Menschen geschaffen, sondern vom genialen.»

Was sagt Ihr zu diesem Satz? Die Liste der fehlbaren Künstler ist leider erschreckend lang. Man kann sie beliebig fortführen.

Foto Elisa:
Spiegelungen führen zu Täuschungen

In diesem Zusammenhang könnte man sich allerdings fragen: Weshalb erwarten wir von Künstlern, dass sie einen makellosen Charakter haben, ja, dass das Böse ihnen so fern liegt wie dem Erzengel Gabriel? Es ist reines Wunschdenken, dem auch ich gerne erliege. Selbst Goethe ist hinter seinem Ideal „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut“ zurückgeblieben, das er in der Ode „Das Göttliche“ festschrieb.

Wir lieben Menschen auf dem Podest. Doch äußere Schönheit (Kunstwerk), trifft selten auf innere Schönheit (Reinheit). Oft sind Künstler im Gegenteil gequälte Seelen. Es ist eine Tatsache, dass Kunstwerk und Persönlichkeit häufig auseinanderdriften. Künstler und Genies sind Versuchungen ebenso ausgeliefert wie alle Menschen – mit dem Unterschied, dass sie eine wundervolle Begabung geschenkt bekommen haben, die sie womöglich da und dort gerade deshalb überborden lässt. Dürfen wir uns an den Kunstwerken freuen, selbst wenn ein ungutes Gefühl hängen bleibt? Das ist eine heikle Frage. Denn natürlich muss Ungerechtigkeit klar benannt, müssen Verbrechen gesühnt werden. Doch ich neige im Großen und Ganzen dazu, ein Kunstwerk losgelöst vom Charakter seines Schöpfers zu betrachten. Allerdings wäre es mir, ehrlich gesagt, lieber, wenn Künstlertum auch zu Reife und innerer Stärke führen würde – was glücklicherweise ja nicht ausgeschlossen ist.

Foto Elisa:
Farbenpracht und herbstliche Reife

Der Rat des Harvard-Psychologen Steven Pinker wirkt entlastend: «Du brauchst nicht zu allem eine Meinung zu haben.» Trotzdem frage ich Euch: Wie denkt Ihr darüber? Sind menschliche Abgründe etwas Normales, die einem Kunstwerk wenig bis keinen Abbruch tun?

Foto Elisa:
Blühende und faulende Natur eng beieinander

Nachdenklich, Eure Elisa
17.05.2023

Foto Elisa:
Licht inmitten von Düsternis

Ettenbühl

Foto Landhaus Ettenbühl

Begleitet Ihr mich ins Landhaus Ettenbühl? Keine Bange, nur virtuell.
Ettenbühl liegt in Deutschland, etwa eine halbe Stunde Autofahrt von Basel entfernt.
Berühmt ist es für seine wunderbaren Rosengärten,
den „English Afternoon Tea“ und das englische Ambiente,
in dem Gartenfreunde und England-Nostalgikerinnen wie ich
stundenlang schwelgen können.
Ein Besuch lohnt sich selbst dann, wenn die Rosen noch nicht blühen.
Aber seht selbst.

Soeben ist ein Gewitter niedergeprasselt,
doch jetzt können wir einen Rundgang durch die Parkanlagen wagen.

Der Regen hat gut getan: Die Gärten erstrahlen in frischem Grün.

Die zarten Peonien leuchten um die Wette!

Überall gibt’s lauschige Ecken und Ruhebänke. Jetzt sind sie natürlich nass.

Der Flieder duftet, auch wenn er noch feucht ist.

Jetzt wird’s Zeit für den feinen Classic Afternoon Tea.
Was darf’s denn sein zu den Köstlichkeiten?
Ein Granny’s Gesundheitstee, ein Assam Rose, ein edler Pai Mu Tan?
Oder vielleicht gar ein indischer Rajah’s Rose Tea?
Pro Person gibt’s eine ganze Kanne voll. Cheers!

Foto Landhaus Ettenbühl

Gesättigt und zufrieden.
Doch jetzt ist Bewegung gefragt.
Was nun? Irrgarten oder Bambuswäldchen?

Der Boden ist überall nass. Macht nichts, Erde gehört dazu.

Morgen ist auch noch ein Tag. Das Zimmer will ebenfalls „erobert“ sein.
Das englische Bett sieht sehr romantisch aus.
Darum heisst es jetzt: Good night, sleep tight.

Habe ich mich wie eine Königin gefühlt?
Nicht wirklich.
Das eigene Bett daheim ist bequemer.

Weisse Schwertlilien sieht man nicht alle Tage.

Heute scheint die Sonne!

Englische Glockenblumen!

Bald blühen die Seerosen

Japanischer Ahorn – er glüht nicht erst im Herbst

Auch das gibt’s hier: Quitten-Blust

Kennt Ihr die Euphoria-Blume?

Gelbe Magnolien habe ich bis heute noch nie gesehen.
Die winzige Biene vielleicht auch nicht.
Jedenfalls hat sie’s mit der Akrobatik

Die Rosen blühen natürlich noch nicht.

Seht Ihr die neugierige kleine Spinne auf dem Blütenblatt der Magnolie?

Gelbe Peonien sind ebenfalls nicht alltäglich.

Tulpen sind dankbar. Sie gedeihen einfach überall.

Noch ein letzter Rundgang!

Ich hoffe, es hat nicht nur mir gefallen! Geniesst den Frühling, auch wenn es zwischendurch regnet.
(Die Fotos stammen, bis auf die zwei vom Landhaus Ettenbühl, alle von mir.)

Eure Elisa
10.05.2023

Blütenzauber und Blumenduft

Foto Elisa: Kirschblüten

Die linden Lüfte sind erwacht,
Sie säuseln und weben Tag und Nacht,
Sie schaffen an allen Enden.
O frischer Duft, o neuer Klang!
Nun, armes Herze, sei nicht bang!
Nun muß sich Alles, Alles wenden.

Die Welt wird schöner mit jedem Tag,
Man weiß nicht, was noch werden mag,
Das Blühen will nicht enden.
Es blüht das fernste, tiefste Thal:
Nun, armes Herz, vergiß der Qual!
Nun muß sich Alles, Alles wenden.
(Ludwig Uhland)

Foto Elisa: Himmelsschlüsseli
und Wiesenschaumkraut

Blumenduft
Blumenduft vom Nachbarfenster
Weht der Wind zu mir herein,
Und es scheint ein Gruß der Liebe
Aus der Ferne mir zu sein.
(Theodor Storm)

Foto Elisa: Veilchen und
violette Immergrün

Er ist’s
Frühling läßt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte;
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land.
Veilchen träumen schon,
Wollen balde kommen.
– Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist’s!
Dich hab ich vernommen!
(Eduard Mörike)

Foto Elisa: Parkspaziergang in Riga

Frühlingslied
Saatengrün, Veilchenduft,
Lerchenwirbel, Amselschlag,
Sonnenregen, linde Luft!

Wenn ich solche Worte finge,
Braucht es dann noch großer Dinge,
Dich zu preisen, Frühlingstag?
(Ludwig Uhland)

Foto Elisa: Stern-Tulpe

Flügelt ein kleiner blauer
Falter vom Wind geweht,
Ein perlmutterner Schauer,
Glitzert, flimmert, vergeht.
So mit Augenblicksblinken,
So im Vorüberwehn
Sah ich das Glück mir winken,
Glitzern, flimmern, vergehn.
(Hermann Hesse)

Foto: fotocommunity.de

Foto Elisa: Butterblumen

Sagt, ist der Frühling nicht wundervoll? Blumen sind die Sprache der Seele, habe ich einmal gelesen. Wie wahr!
Eure Elisa
04.05.2023

Eine arabische Fabel

Eine Maus wusste aus Angst vor der Katze nicht mehr ein noch aus. Ein Zauberer hatte Mitleid mit ihr und verzauberte sie in eine Katze. Doch die Katze bekam Angst vor dem Hund, also verwandelte der Zauberer sie in einen Hund. Aber der Hund fing an, sich vor dem Tiger zu fürchten. Der Zauberer überlegte und machte aus ihm einen Tiger. Der Tiger wurde von Angst vor dem Jäger erfüllt.

Da gab der Zauberer auf. Er verwandelte den Tiger in eine Maus zurück und sagte: «Nichts, was ich tue, wird dir helfen, weil du das Herz einer Maus hast.» (Usama Al Shahmani, irakisch-schweizerischer Schriftsteller)

Veränderungen beginnen im Herzen.

Ich wünsche uns allen mehr Vertrauen in die Zukunft und viel Mut für Veränderungen.

Flug über die Alpen

Eure Elisa
26.04.2023

Tod, wo ist dein Stachel?

Foto: hotelcastell.ch

Wieder haben wir einen lieben Freund verloren, einen meiner ältesten Freunde aus den Tagen, als ich eine ganz junge Ehefrau und Mutter war. Er war ein feiner, lebensbejahender Mann, der spürte, wenn Menschen um ihn herum Hilfe brauchten, und er sprang gerne in die Bresche, ohne je Aufhebens davon zu machen. Älter geworden, musste er in den letzten Jahren wiederholt um sein Leben kämpfen. Er liess es sich trotz grosser Schmerzen nicht nehmen, meinem Sohn im Frühjahr 2020 das letzte Geleit zu geben.

Foto: engadin.ch

Vor einer Woche haben DER MANN und ich uns mit seiner lieben Familie von ihm verabschiedet, in der Kirche meines früheren Wohnorts. Wie mein Sohn, starb auch er an plötzlichem Herzversagen. Sekundenschnell hauchte er sein Leben in den Armen seines Bruders aus. Er starb auf einer Parkbank, inmitten der prächtigen Bergwelt des Engadins, in der klaren, sonnendurchfluteten, gesunden Luft seiner Heimat.

Foto: engadin.ch

Behutsam, fast zärtlich, hat der Tod sein Leben ausgelöscht, und damit all seine Beschwerden hinweggetragen. Darf man traurig sein über einen Tod, der sanft erlöst? Natürlich grämen wir uns, wenn wir das Liebste verlieren, es bricht uns fast das Herz. Doch den Tod für uns selbst brauchen wir nicht zu fürchten. Gottes Gnade erwartet uns. Sollte man nicht eher weinen über das Leben, das wir alle mit Tränen beginnen, als ahnten wir bereits, dass es uns nicht nur Freuden, sondern ebenso viele Schmerzen auferlegen wird?

Foto Elisa

Mir ist aufgefallen, dass mir ein Mensch nach seinem Tod auf eine besondere Weise nahe ist. Die Erinnerungen sind stark, sie kommen ganz von selbst, es sind Erinnerungen, die ich vergessen glaubte, sie wandern vorwärts und zurück, mäandern hin bis ganz zum Beginn, sei es bis zur Geburt, sei es bis zum Anfang einer Beziehung. Sie stehen intensiv, leuchtend und überwältigend lebendig vor meinem Innern. Ist es ein Abschied aus dem Jenseits, ist es die Endgültigkeit, die Trauer, oder sind es meine eigenen Gefühle, welche die Fülle an Erinnerungen hervorzaubern? Wie auch immer, diese Erfahrung hat etwas Tröstliches, Besänftigendes für mich.

Welches sind Eure Erfahrungen?

Eure Elisa
19.04.2023

Foto Elisa

Etwas zum Nachdenken

Tanzen mit Papa!

Zwischen:    

dem, was ich denke
dem, was ich sagen will
dem, was ich zu sagen glaube
dem, was ich sage

dem, was du hören willst
dem, was du hörst
dem, was du glaubst zu verstehen
dem, was du verstehen willst

Und:               

dem, was du verstehst,
gibt es mindestens neun Möglichkeiten, um einander falsch zu verstehen.

Foto Elisa
Foto Elisa

Es hilft, wenn uns das im Umgang miteinander bewusst ist. Dann hören wir aufmerksamer zu, oder wir können Missverständnisse besser einordnen und bereinigen, anstatt verletzt zu sein.

Lassen wir uns also die fröhliche Frühlingsstimmung keineswegs trüben!

Liebe Grüße, Eure Elisa
11.04.2023

Liebeserklärung

Für alle, die BERN lieben – die Hauptstadt der Schweiz und meine Wahlheimat – und für alle, die historische Fotos zu würdigen wissen, habe ich mir heute, kurz vor Ostern, etwas Besonderes einfallen lassen: Einen zauberhaften Streifzug durch die alten Gassen und Lauben mit Bildern, die vor geraumer Zeit vom Fotografen Paul Senn geknipst wurden. Wann, werdet Ihr fragen. Genaues weiss ich leider nicht, es sind wohl unterschiedliche Zeiträume. Bekannt ist lediglich, dass sein gesamtes Schaffen in der Zeit von 1930 – 1953 entstand.

Da es historische Schnappschüsse sind, bin ich nicht sicher, ob sie vollständig bei euch ankommen. Ich hoffe sehr, dass dies der Fall ist – die Bilder wecken Emotionen und vermögen nicht nur von Bern Begeisterte zu bezaubern.

Anlässlich der Erst-Veröffentlichung im Dezember 2022 wurden sie von folgendem Text begleitet: „Diese Fotos von Paul Senn sind bisher noch nie einer größeren Öffentlichkeit gezeigt worden. Sie lagerten als Negative im Dunkeln und in der Kühle des Archivs des Kunstmuseums Bern. Nun sind sie zugänglich gemacht worden und erscheinen zum ersten Mal in der Berner Zeitung. 

Der weitgereiste Fotograf Paul Senn wuchs in Bern auf. Die Bilder entstanden auf Spaziergängen und beim Bummeln durch die Stadt, wenn er keinen Auftrag hatte, und sie zeigen, was ihn interessierte und anzog. Paul Senn schuf als Fotograf bedeutende Reportagen im In- und Ausland. Einige seiner Bilder sind Ikonen der Fotografie.“ 

Paul Senn, Fotograf, 1901 – 1953

Habe ich zu viel versprochen? Ich denke nicht. Denn ich bin mir sicher, dass auch Ihr von dieser einmaligen Bern-Dokumentation angetan seid.

Paul Senn beweist es: Bedeutend ist, dass wir Liebe geben in das, was wir tun.

Frohe Ostern und liebe Grüße, Elisa
05.04.2023

Als der Gockel das Zeitliche segnete

Oder: Wenn die Bankenwelt ins Gerede kommt – Satire von Elisa

Photo by Nothing Ahead on Pexels.com

Der Gockel ist tot! Der Gockel ist tot!

In Windeseile breitete sich die Schreckensnachricht im Stall aus und stürzte die Hühnerwelt in unbeschreibliches Chaos. Trauernde Hennen, erschreckte Küken flatterten und piepsten herum, die Federn flogen, eine Menge Eier zerplatzten. Der Gockel ist tot, gackerte es unaufhörlich durch die Luft. «Was flennt ihr denn so?» fragte das Pferd. «Es war doch zu erwarten. Er wollte immer mehr und mehr, hetzte von Hühnerstall zu Hühnerstall, ging der Nachbarschaft auf die Nerven mit seinem ewigen Gekrähe, brachte die ganze Hennen-Gemeinschaft durcheinander.» «Außerdem», meldete sich die Ziege, «durfte sich niemand in seiner Nähe aufhalten, er fand, er sei der Größte, obwohl er fast nichts tat außer herum zu stolzieren.» «Das ist nicht wahr», ereiferten sich die Hühner. «Pünktlich um fünf hat er uns jeden Morgen geweckt. Und schaut doch nur den großen Nachwuchs an, den er hinterlassen hat.» «Seid nicht so bescheiden», mischte sich das Lamm mit sanfter Stimme ein, «wer hat denn die traumatischen Geburtswehen ertragen, wer die kleinen Küken gehegt, wer die unerfahrenen Hühnchen zum Eierlegen ermuntert?»

Photo by Pixabay on Pexels.com

Der Hofhund hatte bisher geschwiegen. Jetzt erhob auch er seine Stimme: «Man sagt, dass er nicht nur im Nachbarhof ein- und ausging. Nein, er krähte ebenfalls in dessen Nachbarhof, und im nächsten und übernächsten, und was weiss ich wo sonst noch. Es ist nicht klar, wo überall er auftauchte und mitmischte. Zur Freude der zahlreichen Hühner, das ist schon klar.»

Als die Kuh am Abend von der Weide kam, hatte sie weitere bedenkliche Nachrichten, welche die Hoftiere erneut aufscheuchten. «Denkt euch nur», berichtete sie, «im Nachbarhof haben sich zwei junge Hähne um die Nachfolge gestritten. Es war ein erbitterter Kampf. Die Kämme schwollen, die Federn wirbelten, die Funken sprühten. Doch niemand erwartete, was dann geschah: Es brannte plötzlich. Es sieht ganz so aus, als sei der Nachbarhof samt und sonders verbrannt. Jedenfalls steht der große Hühnerstall nicht mehr, habe ich mir sagen lassen. Das wird Auswirkungen haben, glaubt mir nur, und zwar auf sämtliche Bauernhöfe in der Nachbarschaft, wenn nicht gar auf jene im ganzen Land!»  

In dieser Nacht wuchs die Nervosität im heimatlichen Hof des toten Gockels ins Unermessliche. Von überall her ertönten Hilferufe. Da beschlossen Bauer und Bäuerin, gut ein Drittel ihres Vermögens zu verschenken. Sie sammelten alle frischen Eier in der großen Halle ein, sowie viele Küken und einen Großteil der jungen Hühner, ja, sogar den Eier-Vorrat aus der eigenen Küche packte die Bäuerin dazu. Bei Nacht und Nebel beluden sie zwei riesige Lastwagen und brachten die wertvolle Fracht zum Nachbarhof. Dort nahm man sie zähneknirschend entgegen und versprach, den eigenen Hühnern weniger Futter zu geben, um sie zu erhöhter Eiproduktion zu animieren.

Und während im ganzen Land der Ruf laut wurde, man sollte die Hähne von den Bauernhöfen verbannen, erscholl aus den Ruinen des halb verbrannten Bauernhofes der triumphale Ruf: «Der Hahn ist tot, es lebe der neue Hahn!»

Foto Elisa: Es blüht auf dem Bauernhof

Mit klarem (nicht verklärtem) Blick, Eure Elisa
29.03.2023