Der Orient, Teil V: Von antiken Schätzen, Beduinen-Kaffee und dem greisen Moses

Foto reiseuhu.de: Amman, Jordaniens Hauptstadt

Forts.: Auf einem unserer Ausflüge erzählte der Reiseführer von einem Mann, der bei seinem Gang durch die Wüste beinahe verdurstete. Als er endlich einen tiefen Brunnen fand, stürzte er sich hinein und trank und trank. Der Versuch, wieder hinauszuklettern, scheiterte, weil die Wände sehr hoch und aalglatt waren. Wie kam er schließlich heraus? Denn er kam heraus. Großes Rätselraten. „Nass!!“ grinste Younes.

Foto Jordanienonline.de: Blick auf die fruchtbare Ebene

Im Gegensatz zur Wüste ist das Jordantal äußerst fruchtbar. Hier wachsen Orangen-, Zitronen- und Mandarinenbäume, weiden Schafherden und wilde Kamele. Allerdings ist dieses prächtige Stück Natur in Gefahr. Denn das Tote Meer ist ein Binnengewässer, das über keinerlei Abfluss verfügt. Es hat lediglich Zuflüsse, von denen der Jordan der größte ist. Aufgrund der Wasserknappheit im Nahen Osten wird dem Jordan das meiste Wasser entnommen, bevor er das Tote Meer erreicht. Das hat die fatale Folge, dass das Gewässer, welches permanent verdunstet, nicht genügend neues Wasser erhält, um seinen Wasserspiegel zu halten. Somit nimmt der Salzgehalt im Toten Meer zu und seine Größe wie auch sein Wasserspiegel nehmen ab. Da der Meeresspiegel pro Jahr um einen Meter sinkt, könnte das Tote Meer in 30 Jahren verschwunden sein.

Photo by Ryan Baker on Pexels.com

Per Taxi liessen wir uns an einem der letzten Tage ins Handwerks- und Kunstzentrum KanZaman führen. KanZaman ist ein ehemaliges, von einer Mauer umgebenes Dorf, in dem heute Weber, Glas- und Silberkünstler sowie wunderschöne Läden untergebracht sind, und wo abends folkloristische Darbietungen stattfinden. Das Dorf wurde von Königin Alia gegründet, und deshalb kann man auch darauf vertrauen, echte Handwerkskunst zu einem realen Gegenwert zu erhalten. Wow, endlich tolle Läden!! Anstatt mit DEM MANN Tee zu trinken, machte ich eine fast schon euphorische Einkaufstour. Das kostbarste Stück, das ich in einem kleinen Antiquitätenladen erstand, war für mich eine römische Münze aus dem 3. Jahrhundert nach Christus mit Kaiser Constantins eingeprägtem Antlitz, die in der ehemaligen römischen Ruinenstadt Jerash gefunden wurde. Die Einfassung symbolisiert sowohl die Kirche wie auch die Friedenstaube. Laut Chef-Numismatiker der Berner Kantonalbank ist sie echt! Juhui! Es ist zwar keine ausgesprochen seltene, sondern eine Alltagsmünze, die den Toten als Grabbeigabe mitgegeben wurde, aber immerhin.

Foto Elisa: Mein römischer Anhänger
Foto: fr.numista.com: Kaiser Constantin II

Als wir KanZaman etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang verliessen, gab der Chauffeur Gas, um uns noch den Mount Nebo (wenn auch bei schwindendem Tageslicht) erleben zu lassen. Nach der Legende liegt auf dem Mount Nebo Moses begraben. Und von hier aus soll ihm Gott das verheißene Land gezeigt haben, ohne ihm jedoch zu erlauben, es in seinem Leben je zu betreten, wie wir aus der Bibel wissen.

Foto roadunraveled.com: Gipfelkreuz mit Schlange auf dem Mount Nebo mit Blick ins Heilige Land

Da standen DER MANN und ich also kurz vor Sonnenuntergang auf dem Gipfel neben dem hohen Kreuz mit der Schlange, und zu unsern Füssen breitete sich die karge jordanische Landschaft aus, dahinter war im Dunst das fruchtbare Jordan-Tal, dann das Tote Meer und am gegenüberliegenden Ufer Israel, eben das verheißene Land, zu sehen. Von der Basilika, wo ein katholischer Priester für eine Gruppe Christen die Heilige Messe zelebrierte, wehten Gebete und leise Kirchenmusik herüber. Es war ein tief ergreifender Moment, wie wir so dastanden auf heiligem, uraltem Grund, im weichen, warmen, sich langsam ändernden Licht der untergehenden Sonne und der in Gold getauchten, wüstenartigen Landschaft zu unseren Füssen. Auf der ausgedehnten Rückfahrt ins Tal, den erstaunlich lange im Dämmerlicht liegenden Berg hinunter, kosteten wir die feierliche Stimmung bis zur Neige aus.

Foto artistry.love:
Sonnenuntergang auf dem Mount Nebo

Im Hotel erwartete uns eine «Arabian Night» mit feinem Beduinen-Essen und frisch gebrautem Kaffee. Dazu stand ein kleiner Ofen auf einem (natürlich echten) Orient-Teppich, und der Kaffee wurde mittels Holzfeuer zubereitet. Große Enttäuschung für uns kaffee-affinen Schweizer: es gab pro Person nur einen kleinen Schluck aus einem winzigen Tässchen. Dennoch hatten wir von den Schätzen Arabiens an diesem Tag besonders viel gekostet und freuten uns darüber.

Photo by Engin Akyurt on Pexels.com
Foto Elisa:
Der „Kaffee“-Beduine

Es gäbe noch einiges zu erzählen, aber ich lasse es damit bewenden. Eine Gegend, ein Land selbst zu entdecken, macht noch mehr Freude, nicht wahr?

Wir und der König
Foto jordanien.de: Markt in Amman

Ende.

PS: In eigener Sache: Ich mache PAUSE bis im März, da ich mich in den nächsten Wochen einer Operation des grauen Stars an den Augen unterziehen muss und diese daher etwas schonen muss. Das gilt fürs Schreiben und fürs Lesen am PC. Bis bald, liebe Grüße, Eure Elisa
08.02.2023

26 Kommentare zu „Der Orient, Teil V: Von antiken Schätzen, Beduinen-Kaffee und dem greisen Moses

  1. Was für eine atemberaubende und tolle Reise, auf die du mich mitgenommen hast. Herzlichen Dank dafür, liebe Elisa. 😘 Und auch wenn ich nicht wirklich dabei war, so habe ich doch einen tiefen Einblick bekommen in die Schätze des Orients. Das kann kein Katalog der Welt besser 🙂
    Alles Gute für deine bevorstehende Operation und ich freue mich schon sehr auf neue Geschichten von dir!
    Bis dahin lass es dir gut gehen und schone deine Augen, damit aus den vom grauen Star müden Augen bald wieder die scharfe Sicht des Adlers möglich ist… 😉
    ich drücke dich ganz fest und denke an dich!
    🥰😍😘👩‍❤️‍👩💖
    Herzliche Grüße Bea

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    1. Liebe Bea, Du machst mir wiederum ein wunderschönes Kompliment! Ich danke Dir herzlich. Ich glaube, die Beschreibungen haben mir ebenfalls etwas gebracht, ich war erneut und mit Begeisterung im Orient unterwegs. Sind Erinnerungen nicht etwas Wunderbares?
      Ich danke Dir auch für die guten Wünsche. Die beiden Operationen bringen mir bestimmt spürbare Verbesserungen beim Sehen. Ich drück Dich fest zurück, Elisa 👀👀🦚🦚💝

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  2. Liebe Elisa, Du hast uns den Orient auf wunderbare Weise nahegebracht. Vielen Dank für Deinen Reisebericht und die vielen Geschichten drumherum.
    Meine Freundin hat diese Operation vor einigen Monaten hinter sich gebracht und war erstaunlicherweise nach zwei Wochen wieder gut sehend. Ich wünsche Dir eine erfolgreiche Operation und eine baldige Genesung. Wir werden Dich vermissen! Bis bald in ’neuer Frische‘. Ganz liebe Grüße von mir und eine herzliche Umarmung, Gisela 👼🙏💚💜🧡

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    1. Liebe Gisela, Deine Zeilen haben mich sehr gefreut. Auch danke ich Dir für Dein Mut zusprechen. Das Risiko ist bei mir etwas erhöht wegen zwei anderen Augenerkrankungen, aber ich bin guten Mutes. Bis bald und mit einer festen Umarmung, Elisa 😎😍😍👋

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  3. Liebe Elisa, ich drücke die Daumen für die OP und lass dir Zeit mit der Rückkehr an den Bildschirm. Auch wenn deine unterhaltsamen Texte fehlen werden, die Gesundheit geht vor! Alles Gute wünscht dir Anke

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    1. Liebe Gerel, vielen Dank für das Mut machen! Allerdings hoffe ich, dass man mir meine „Kurzsichtigkeit“ lässt, da ich beim Lesen noch nie eine Brille gebraucht habe und ich mich mit Weitsichtigkeit wohl schwertun würde. Wie war das denn bei dir? Ich bin einfach nur froh, wenn das Sehen allgemein wieder möglichst störungsfrei wird. 🌼

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      1. Man hatte mich vorher informiert, dass die Pupillen sich nach der OP nicht mehr einstellen können, darum die Lesebrille. Da alles schon viele Jahre her ist, musste ich vor zwei Jahren noch mal an einem Auge gelasert werden, da erneut eine Trübung aufgetreten war. Ist Sekundensache! Aber ich bin sehr zufrieden mit dem allem, auch wenn mir gesagt wird, dass sich die begonnene Ablösung von irgend etwas im Inneren (Schädigung) des einen Auges nicht mehr rückbilden wird. Ich nehme täglich Folsäure, vielleicht merke ich darum nichts von einer Verschlimmerung. – Noch mal alles Gute! Herzlich Gerel

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      2. Liebe Gerel, danke herzlich für Deine Antwort und den Tipp mit der Folsäure, das werde ich mir merken. Ist es nicht wunderbar, was die Augenheilkunde heutzutage alles vermag? Auch Dir weiterhin alles Gute. Lieben Gruß, Elisa

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      1. Oh das freut uns! Wir haben uns schon ein wenig Sorgen gemacht. Wir hoffen es geht dir gut und die Strapazen der OP sind beinahe schon vergessen. Liebe Grüße aus dem hohen Norden!

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      2. Liebe Van Dorphines, das ist aber lieb von Euch! Danke vielmals! Ich sehe jetzt tatsächlich klarer, habe aber gleichzeitig ein lästiges Flackern in den Augen, vor allem bei hellem Licht, doch der Arzt ist zuversichtlich, dass das mit der Zeit verschwindet. Die OPs haben zum Glück überhaupt nicht weh getan. Lasst es Euch gut gehen und genießt die Osterzeit – vielleicht mit einer weiteren spannenden Reise? Herzlichst, Elisa

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