Kürzlich, an einem sonnigen Tag, wimmelte es in unserer Stadt von kleinen und grossen Schulausflüglern mit deren Lehrkräften. Alle waren sie gespannt, quirlig, fröhlich, aufgeregt.

Unwillkürlich flatterten durch meine Gedanken Erinnerungen an meinen ersten Schulausflug. Ich war damals in der ersten Klasse, ein scheues, empfindsames Kind. Meine Mama kaufte mir extra ein ausgesprochen hübsches, hellgelbes Sommerkleidchen, das ich am Ausflugsmorgen voller Stolz zum ersten Mal anzog. Mama hatte mir ein einfaches Picknick und eine Thermosflasche mit Tee vorbereitet. Alles war fein säuberlich in einer Lunchtasche aus Canvas-Stoff verpackt.

Wie weit wir gingen, weiss ich nicht mehr. Doch sehe ich uns eine ausgedehnte Mittagsrast machen, in einem dichten Wald, auf Moospolstern und Baumstümpfen sitzend, mampfend, schwatzend. Nach dem Essen entdeckte ich in der Nähe Heidelbeerstauden, an denen eine Unmenge reifer Beeren hingen. Ich wunderte mich, dass keines meiner Klassenkamerädchen sich dafür interessierte. Genüsslich tat ich mich am süssen Nachtisch gütlich. Dann kam mir Mama in den Sinn. Sie hätte bestimmt ebenso viel Freude an dem herrlichen Segen wie ich. Rasch holte ich den leeren Thermosbecher, füllte ihn bis zum Rand mit den reifen Früchten und verstaute ihn in meiner Lunchtasche.

Voller Freude nahm ich bei meiner Heimkehr die Lunchtasche von meiner Schulter, um Mama den «Schatz» zu übergeben. Im nächsten Moment verwandelte sich meine Freude in Entsetzen. Der Becher war auf dem Rückweg in der Lunchtasche umgekippt und nun lagen darin die vielen Beeren völlig zerquetscht. Schlimmer noch: am zitronengelben Kleidchen prangte im Umkreis meiner rechten Hüfte ein grosser, tiefblauer Fleck. Er sollte nie mehr ausgehen, das Kleidchen war für immer ruiniert.

Ich weinte bitterlich. Nicht, dass meine liebe Mama geschimpft hätte. Doch in aller Deutlichkeit erkannte ich zum ersten Mal die traurige Wahrheit: Wenn man jemandem eine Freude machen will, heisst das noch lange nicht, dass es auch gelingt. Unverständlicherweise, fatalerweise, kann sich die gute Absicht sogar ins genaue Gegenteil verkehren…
Der gute Wille allein genügt eben selten.

Geniesst jetzt die feinen Sommerbeeren! Eure Elisa
22.06.2022
Liebe Elisa, als ich die ersten Zeilen las hätte ich wetten können, dass es darauf hinausläuft, dass das, was du gegessen hast, gar keine Blaubeeren waren. 🙂 Hatte schon Bilder von „Hilfe, was isst das Kind denn da – Vogelbeeren…..!!!“ im Kopf, aber gottlob kam noch rechtzeitig die Wendung. 🙂
Ein blauer Fleck, egal ob im Kleid oder am Knie ist ja immer noch besser, als eine Vergiftung.
Also schon wieder Glück im Unglück gehabt))))
Und das Kleid – tja – heute würde man es dunkelblau färben! 🙂
So – und jetzt gehts ab zur Arbeit und als Frühstück gibt es durch dich animiert: (…was ja auch ein Geschenk ist) Joghurt mit Blaubeeren…🔵🟣🟣🥄🥛🔵🔵
Viele Grüße Bea 💖
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Liebe Bea, Deine Vision brachte mich zum Schmunzeln. Tatsächlich nasche ich überall Beeren, wie z.B. auch Preiselbeeren in den Bergen, womit ich amerikanische Wanderer erschreckte. Das könnte sehr wohl einmal schiefgehen. Doch in der Schweiz weiss ich als Beerenfreundin, was ich essen darf und was nicht. Im Ausland ist es schon riskanter: Vor Jahren wollte ich Beeren im Yoshua Tree National Park in Kalifornien probieren. Meine amerikanische Freundin schlug sie mir schimpfend aus der Hand: die Beeren waren giftig. Ich musste ihr versprechen, nichts Unbekanntes aus der Natur mehr zu essen. Die Sanddornbeeren in Georgien waren nicht giftig, höchstens zu sauer! Ich danke Dir vielmals und wünsche Dir morgen früh ein feines Joghurt vor der Arbeit. Herzlichst grüsst Dich aus der Schweiz, Elisa
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Wie gut, dass du dich auskennst, liebe Elisa – dann kann ja nichts schief gehen. 🙂
🍇🍈🍊🍎🍒🍓
Beerige Grüße Bea
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Liebe Elisa, ein gelbes Kleidchen mit Blaubeerflecken – ohje! Deine Mutter kann ich mir vorstellen und Deinen enttäuschten Blick ebenfalls. Aber Du hast es gut gemeint. Das zählt! Danke für Deine Kindheitserinnerung. Ich erinnere mich an zwei Schulausflüge: Bad Münstereifel und Drachenfels. Da gab mir meine Mutter jeweils 1 DM und ein Butterbrot mit auf die Reise. Das waren genügsame Zeiten. Herzliche Grüße, Gisela 🌻
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Liebe Gisela, Deine Worte sind tröstlich, danke vielmals. Wahrscheinlich ist es schon so, dass es die gute Absicht ist, die zählt. Das war sehr wenig, was Du damals auf die Schulausflüge mitbekamst, das tut mir leid. Aber es waren ganz andere, bescheidenere Zeiten, und wir waren’s zufrieden. Zuviel Überfluss schadet den Menschen. Ich wünsche Dir einen schönen Abend und sende Dir liebe Grüsse aus der Schweiz, Elisa
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Eine sehr eindrückliche Geschichte.
Da war der Wunsch, Mutter auch zu beschenken und das misslang. Das glatte Gegenteil passierte.
Vermutlich sehr prägend.
Ich hatte mal eine Geschichte geschrieben „Die Milchflasche“, die war eine bedeutsame in meinem Leben.
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Ja, lieber Gerhard, solche Missgeschicke prägen sich ein. Gerne würde ich Deine Geschichte „Die Milchflasche“ ebenfalls lesen. Herzlichen Dank für Dein Verständnis. Liebe Grüsse, Elisa
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Gerne, Elisa.
https://kopfundgestalt.com/2016/12/15/die-milchflasche/
Diese mich prägende Geschichte hatte ich vor etwa 5 Jahren geschrieben, würde ich heute etwas anders schreiben, glaube ich.
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Lieber Gerhard, Deine Milchflasche-Geschichte macht mich traurig. Da hat der kleine/grosse Junge ausgesprochen hohe Ansprüche an sich selbst, die er kaum erfüllen kann. Warum schreibst Du die Geschichte nicht etwas anders? Vielleicht löst sich dann etwas? Danke Dir und liebe Grüsse, Elisa
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Die Lebensgeschichte kann ich kaum anders schreiben. Es war von Anfang an so viel Misslingen.
Ab und an schaue ich immer noch negativ auf mich herab. Dabei hatte ich mich doch aus ganz schwierigen Bedingungen heraus dann doch noch gut entwickelt.
Wie ein befreundeter Therapeut mir mal privat sagte: Es gibt eigentlich niemanden, der nicht ein Päckchen mit sich rumschleppen muß. Auds eigener Erfahrung auch sagte er das.
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Lieber Gerhard, das tut mir leid. Ein gutes Elternhaus trägt wesentlich zu einer guten Entwicklung bei. Aber Du (bzw. der Therapeut) hast schon Recht: Niemand bleibt vor Schicksalsschlägen verschont. Manchmal frage ich mich schon: Warum wohl? Und warum ist die Welt so ungerecht? Alles Liebe, Elisa
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Ich kenne einige Beispiele:
Jemand wird wegen eines Familiennamens gehänselt
Wächst als kleiner Bruder auf und wird von den älteren gedrückt.
Wegen des Kindes musste sie beim Mann bleiben.
Äussere Begleitumstände
Krankheit als kleines Kind, Überbesorgtheit
Unglückliche Elternbeziehung
Schwacher Vater
usw.
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Oh wie traurig! Solche Dinge dürften eigentlich nicht passieren. Wir würden sie am liebsten für immer verbannen. Doch das geht ja leider nicht. Liebe Grüsse, Elisa
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Du Arme! Mir ist was Ähnliches passiert als Kind, ich kann das nachfühlen 😀🌷
http://brigwords.com/2017/05/30/trottinett/
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Danke Dir herzlich, liebe Brig. Deine Trottinett-Geschichte ist berührend, und erst noch in Versform! Die Lotti war eine liebe Frau, und letzten Endes sind es solche Freundlichkeiten, die bleiben, gäll. Elisa
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