Schwesterlicher Abschied

Letzten Samstag, 28. Mai 2022, ist meine ältere Schwester Erika mit 80 1/2 Jahren von ihrer langjährigen, qualvollen Krankheit befreit worden. Bis zuletzt war sie ein Beispiel an außergewöhnlicher Tapferkeit und Würde. Wir kannten sie nie wehleidig. Mutig, voll innerer Stärke, ging sie ihren unglaublich schweren Weg.

Foto DER MANN: Schwester Erika an ihrem 80. Geburtstag, September 2021

Sie, die seit meiner Geburt zu meinem Leben gehörte, ist nicht mehr da. Dies löst einen ungeahnten Schmerz in mir aus. Sie war meine Spielgefährtin, meine Beschützerin, die mich, wenn immer nötig, verteidigte; sie war mein Vorbild, bahnte mir den Weg durch Kindheit und Jugendzeit; aber auch meine Rivalin, mit der es sich heftig streiten ließ; sie war Ersatzmutter, Köchin und Ratgeberin für uns jüngere Schwestern, wenn unsere Mama, wie so oft, krank im Bett lag. Dabei war sie nur 2 ½ Jahre älter als ich. Unser Wohlergehen war ihr bis zuletzt enorm wichtig. Trotz ihrer langen Krankheit hinterlässt sie eine große Lücke bei mir und den übrigen Angehörigen. Geliebte Schwester, ich verdanke dir sehr viel!

Foto Freundin Ursula Kunze: weiße Hortensien im Garten

Dankbar bin ich, dass sie nicht länger leiden muss. Sie durfte die Schmerzen dieser Welt hinter sich lassen und ins heilende Licht treten. Sie tat dies singend – ein paar Minuten später stand ihr Atem still. Ihr verstorbener Mann René wird sie mit Freuden empfangen haben.

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In der Dankbarkeit gewinne ich das rechte Verhältnis zu meiner Vergangenheit. In ihr wird das Vergangene fruchtbar für die Gegenwart.
(Dietrich Bonhoeffer, 1906-1945, ermordet im Konzentrationslager)

Mit liebevollem Gruß, Elisa
31.05.2022

19 Kommentare zu „Schwesterlicher Abschied

  1. Liebe Elisa
    Ja – das Leben ist vom Tod umgeben. Wir wissen es, trotzdem berührt uns der definitive Abschied immer wieder, mal mehr, mal weniger. Zurück bleiben plötzlich nur noch die Erinnerungen, die weh tun können, oftmals.
    Ich bin in Gedanken bei dir und DEINEM MANN und kondoliere euch herzlichst.
    Hannes

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  2. Mein Beileid, liebe Elisa. Loslassen ist schwer und oft ein langer Prozess. Es werden sich all diejenigen wiederfinden, das einmal zusammengehörten. Denk nicht an den Tod, denk an die schöne gemeinsame Vergangenheit. Liebe Grüße und viel Kraft für den weiteren Weg wünscht Gisela.

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    1. Ich danke Dir herzlich, liebe Gisela. Gewiss, Loslassen ist schwer, auch für jene, die uns verlassen müssen. Die gemeinsame Vergangenheit hat aber tatsächlich etwas Tröstliches. Der Preis für liebevolle Zusammengehörigkeit ist das schmerzliche Abschiednehmen, aus dem wir natürlich auch wieder lernen können bzw. müssen. Das Leben mit all seinen seinen Schatten- und Lichtseiten ist anspruchsvoll, das wissen wir beide nur zu gut, gelt.

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  3. Sehr bewegend!!
    Diese gezeigte würde zu schaffen, ist fast als übermensxhlich zu bezeichnen ! 😀
    Ich finde es sehr heilsam, diese innere Auseinandersetzung mit der Schwester. 😀

    Mein Bruder ging 2005.
    Auch er zeigte grosse Würde.
    Seine letzten Momente erlebte ich nicht. Mir wurde gesagt, dass er glaubte, dass sich gerade in diesem Moment Heilung zeige, doch es war der Beginn des einschlafens.

    Ich bin immer noch befasst mit ihm.

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    1. Lieber Gerhard, Für deine lieben Worte danke ich Dir herzlich. Ich kann Dir gut nachfühlen, dass Dein verstorbener Bruder Dich noch immer beschäftigt. Wir sind ja vom gleichen Blut. Vor meiner Schwester habe ich grosse Achtung. Sie war nie wehleidig, obwohl es für sie fast nicht zu ertragen wer. Du bringst es auf den Punkt: Die innere Auseinandersetzung mit nahen Menschen nach ihrem Weggang ist heilsam. Sie hat bei mir sehr rasch eingesetzt, und das hilft mir, besser mit der Trauer umzugehen. Bleib gesund und froh. Liebe Grüsse, Elisa

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  4. Liebe Elisa,
    sehr berührend und zutiefst wertschätzend für den miteinander geteilten Lebensweg beschreibst Du den Abschied von Deiner Schwester.
    Da sie diese Welt singend verließ, paßt vielleicht folgendes Zitat:

    Drei Wege des Trauerns lehren die Chassidim:

    Den der Tränen, den des Schweigens
    und den des Gesangs,
    der dem Leid Flügel verleiht.

    Mit einer buchstäblichen Umarmung grüßt Dich
    Ulrike

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