„Sie sitzen da wie ein Frosch“, lächelte der Chirurg, der zwei Tage nach meiner Hüftoperation ein Kontroll-Röntgenbild hatte anfertigen lassen. „Sonst sieht alles wunderbar aus.“

Ich freute mich, und sein Humor tat mir gut. Noch immer benommen von der Narkose sass ich vor dem Lavabo, um mich ein wenig zu waschen und die Zähne zu putzen. Da fiel mein Blick auf mein Zahnglas. Nanu, wo war denn meine neue Zahnbürste geblieben, die ich extra für den Spitalaufenthalt gekauft hatte? Sie passte, wie ich mich erinnerte, sogar zu meinem Zungenschaber. Es half nichts, es war nicht mein müder Kopf: mein Zahnglas war leer, dafür glänzte im Nachbarglas eine grell violette Zahnbürste, farblich optimal abgestimmt auf meinen Zungenschaber. „Da hat sich meine Bettnachbarin wohl vertan“, dachte ich und putzte meine Zähne mit dem Ding in ihrem Zahnglas.
Bei der Abendtoilette wiederholte sich das Ganze. Als meine Nachbarin zum Lavabo geführt wurde, brach unvermittelt ein Gezeter los. „Meine Zahnbürste ist wieder nass!! Die da putzt sich tatsächlich ihre Zähne damit!!“ kreischte sie. Ich erschrak. Was, wie, wo?? Könnte es am Ende sein, dass ich…? Ich rief die Pflegerin, um in meinem Toilettenbeutel nachzusehen. Und wirklich: Kurz darauf förderte sie meine nigelnagelneue Zahnbürste zu Tage, die sie wahrscheinlich vergessen hatte nach der Operation wieder ins Glas zu stellen. Doch jetzt kommt’s: Meine prangte in schönstem Pink, das ja ebenfalls zu Violett passt!
Es versteht sich von selbst, dass Ich meine Nachbarin in aller Form um Entschuldigung bat. Ich erhielt jedoch keine Antwort. Stattdessen rief sie die Pflegerin zu sich: „Holen Sie mir sofort eine neue Zahnbürste“, befahl sie. „Und dann verstecken Sie sie gut in meinem Toilettenbeutel, sonst klaut die da sie wieder.“ (Sie sagte tatsächlich „klaut“.) Danach sprach sie nicht mehr mit mir, und ich hatte ebenfalls keine grosse Lust, mich mit ihr zu unterhalten.

Ich war erleichtert, als sie das Spital verliess, um in eine REHA zu fahren. Als sie an meinem Bett vorbeiging, wünschte ich ihr freundlich eine gute Reise und rasche Besserung. Wieder kam kein Wort über ihre schmalen, zusammengepressten Lippen.
Da rief ich ihr frech hinterher: „Ich hoffe, Sie haben Ihre Zahnbürste gut eingepackt!“
Natürlich erhielt ich auch diesmal keine Antwort.

Mit frisch geputzten Zähnen, Eure Elisa
06.04.2022
Liebe Elisa, sich mit einer fremden Zahnbürste die Zähne zu putzen, stelle ich mir recht ekelhaft vor. Zum Glück hat sich alles aufgeklärt. Herzliche Grüße, Gisela
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Liebe Gisela, Danke Dir herzlich für Deinen Beitrag. Ja, das stimmt, aber es war mir zuerst gar nicht richtig bewusst. Im Spital sein, ist sowieso eine Ausnahmesituation. Liebe Grüsse, Elisa
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Du hast wirklich die Zahnbürste benutzt, obwohl sie womöglich schon von der anderen Frau benutzt wurde? Hut ab!!!! Das hätte ich definitiv nicht gekonnt))))
Und was ist denn ein Lavabo? *grübel…..
Liebe Elisa, schön – dass du davon erzählt hast, ich habe mich köstlich amüsiert. 🙂
Viele Grüße Bea 👩❤️👩
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Liebe Bea, danke Dir herzlich für Deinen Kommentar. Es freut mich, dass Du Dich amüsiert hast. Ich lache heute ebenfalls darüber. Ich war wohl nicht ganz bei Sinnen. Die Zahnbürste sah ebenso neu aus wie meine. Passiert ist aber nichts!
Ihr nennt unser „Lavabo“ wahrscheinlich Waschtisch. Es ist das, was wir alle im Badezimmer haben. (Nur in Paris ist’s manchmal auf dem Korridor!) Liebe Grüsse, Elisa 🤩🍎🙋♀️
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Du Arme, mit einer solchen Zimmernachbarin im Spital 🙈 das kann doch jedem passieren.
Zum Glück bist du eine Frohnatur 🌷
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Liebe Brig, herzlichen Dank für Deinen Kommentar und Dein Mitgefühl. Die Frau war ziemlich verbittert. Sie verdient wahrscheinlich vor allem Mitgefühl. Du erinnerst mich an das Lied: „Froh zu sein bedarf es wenig…“ Frohe und liebe Grüsse, Elisa
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Lavado habe ich auch gerade gegooglet 😉
Und ja, Hotel geht anders, @ Zimmergenossen …
Liebe Grüße!
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Nur, dass das Spital kein Hotel ist… Aber ich hab’s überlebt! Danke Dir für Deinen heiteren Kommentar. Liebe Grüsse, Elisa
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Ja, auch so etwas passiert nun einmal. Unangenehm für beide Seiten und das auch noch in einer sowieso nicht beneidenswerten Situation in einer Klinik.Toleranz war nicht gerade eine Stärke Deiner Nachbarin, so sollte man einfach nicht reagieren und vor allem eine Entschuldigung annehmen. Meine „Nachbarin“ vor 2 Jahren in der orthopädischen Klinik schreibt mir noch heute täglich einen Guten-Morgen oder Gute-Nacht-Gruß aufs Handy.
Zwischenmenschliche Beziehungen sind wichtig und ein hohes Gut wenn sie funktionieren – so wie zwischen uns! Herzliche Grüße an den „Frosch“ aus Bern! Ursula
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Liebe Ursula, herzlichen Dank für Deine Erfahrung. Mit Dir wäre so etwas nie passiert, da bin ich mir sicher! Doch kannst Du beruhigt sein: Der Frosch aus Bern quakt trotzdem fröhlich weiter. Liebe Grüsse Deine Freundin, Elisa
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Es ist ja wahr, das mag man nicht. Dass man mit fremder Zahnbürste im eigenen Mund herumfährt und natürlich vice versa. Und aus den Tagen studentisch – jugendlich berauschten Großmut sind wir auch herausgewachsen. Selbst in häuslich intimer Gesellschaft lege ich Wert auf den Alleingebrauch an solchen Hygieneartikeln.
Aber Dinge passieren. Mr. Murphy hätte die Schultern gezuckt: Was schiefgehen kann, geht einmal schief. Was kann man tun, außer sich entschuldigen? Ihr noch vorschlagen, dass man die Zahnbürste übernimmt und hinkünftig zum Schuheputzen verwendet? Oder was?
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Liebe Petra, ich danke Dir herzlich für Deine bilderreichen Zeilen! Tja, manchmal ist guter Rat teuer. Schöne Ostern und liebe Grüsse, Elisa 😀🐏🐇🐥🦉
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Frohe Ostern, viele bunte Eier/Zahnbürsten im Nest!
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Hihihii! Aber ich nehme jetzt nur noch Zahnbürsten in Pink an… Danke für den heiteren Moment und liebe Grüsse, Elisa
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