Von Linsen und Filzläusen – und von nächtlichen Schrecken

Foto DER MANN: Der alte Mann sitzt den ganzen Tag beim Hoteleingang

(Forts.):

Ihr Lieben, seid Ihr bereit für ein weiteres Stück Sri Lanka? Also denn:

Im nachhaltigen Hotel steht unser Bungalow etwas abseits, am Rande eines Wäldchens, hinter dem die Strasse ins Dorf liegt. Auch hier herrscht grosse Ruhe, und so schlafen wir in der ersten Nacht sofort ein. Mit einem Ruck erwache ich. Schritte tappen ums Häuschen, Flaschengeklirre, flüsternde Männerstimmen sind zu hören, Taschenlampen blinken an den Wänden hinauf- und hinunter, leuchten zum Fenster herein. Ist eine Einbrecherbande am unseligen Werk? Ängstlich wecke ich DEN MANN.

Foto DER MANN: Vor unserem Bungalow

Der hört sich das eine Weile an, dann steht er entschlossen auf. Ganz furchtloser Held, öffnet er trotz meiner Sorge abrupt die eher baufällige Türe des Bungalows. «Wow, so mutig!» denke ich bewundernd. Draussen wird er Gottlob weder niedergeschlagen noch gefangen genommen, im Gegenteil. Freudig begrüsst ihn eine etwa 10köpfige Männerrunde mit den Worten: «Do you have cigarettes, Sir?» Des Rätsels Lösung: die Nachtwächter des Hotels treffen sich bei unserem am Ende gelegenen Bungalow mitten in der Nacht zu einer gemeinsamen Arbeitspause. DER MANN schenkt ihnen zwei Päckchen Zigaretten und raucht gleich eine mit… Von nun an fühlen wir uns zu nächtlicher Stunde mindestens 10fach bewacht.  

Foto DER MANN: Unser freundlicher Kellner, der die Getränke serviert

Im Open Air Restaurant geht’s zur Essenszeit emsig zu und her. Es gibt morgens und abends ein vielfältiges, mehrheitlich fleischloses Buffet. Die Speisen sind wunderbar gewürzt und sagen mir zu, während DER MANN leicht die Nase rümpft. Schon zum Frühstück hole ich mir eine Schale des feinen Linsengerichts «Dal». Die Getränke werden vom freundlichen Personal serviert.

Foto Dishmaps: Dal, feines Linsengericht

Jedes Mal, wenn DER MANN mit seinem Teller ans Buffet geht, taucht ein blutjunger Kellner auf, der mit der Bedienung unseres Tisches nicht das Geringste zu tun hat (zum Glück!). Er steht dann neben mir und kratzt sich durch den Lungi, den lokalen langen Wickelrock, kräftig im Schritt. «Oh du Schande, der hat bestimmt Filzläuse!» denke ich und kann nicht mehr weiteressen. Er beginnt eine ungeschickte Konversation, weiss hingegen bald, aus welchem Land ich komme. Das Buffet lässt er nicht aus den Augen. Sobald sich DER MANN dem Tisch wieder nähert, verschwindet der Junge blitzschnell im hinteren Teil des Restaurants. Dies wiederholt sich. Als ich ihn frage, weshalb er nur dann erscheine, wenn mein Mann weg sei, antwortet er treuherzig, er wolle allein sein mit mir. In Tat und Wahrheit hat er es natürlich auf etwas ganz anderes abgesehen. Er träumt von einem Job in einem Restaurant in der Schweiz. Den glaubt er sich nur über das Herz einer älteren Frau erobern zu können.

Erfolgversprechender wäre es, er machte zuerst seinen Filzläusen den Garaus.

Nachhaltig? Höchstens in Bezug auf die Filzläuse…

Elisa, 05.05.2021 (Forts. folgt)

Foto Elisa: Die arme Kuh muss sich ihr Fressen zusammensuchen

9 Kommentare zu „Von Linsen und Filzläusen – und von nächtlichen Schrecken

  1. Manmanman – du hast wirklich soooo viel erlebt!!!! 🙂 Danke fürs Teilen und das Schmunzeln liegt mir noch immer im Gesicht. 🙂 Reisen (und die damit erlebten Eindrücke) – das ist so ein teures Gut! Daher an dieser Stelle nochmals ein fettes DANKESCHÖN, dass du uns teilhaben lässt – jetzt wo wir ALLE nur gedanklich verreisen können, sind solche EIN-Blicke wunderbar! 🙂
    Viele Grüße Bea 😘

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    1. Liebe Bea, danke dir herzlichst für Deine lobenden Worte, die mich sehr freuen. Man sagt nicht ohne Grund, wenn einer eine Reise tut, so kann er was erzählen! Hoffentlich wird es bald wieder möglich sein; für uns läuft die Zeit langsam ab, bin ich doch jetzt 77 Jahre alt und nicht mehr so fit. Für mich sind die Reise-Erinnerungen auch schön, es ist spannend, wie sie in Kopf und Herz wieder farbig werden und Gestalt annehmen. Fühl Dich lieb umarmt, Deine Freundin Elisa aus der Schweiz 😍😍😍

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  2. Liebe Elisa, obwohl Du immer wieder die schönsten Fotos zeigst, hatte ich noch nie Fernweh. Die fernen Länder und Menschen schaue ich mir lieber von zu Hause aus an. Das liegt wohl daran, dass ich Angst habe, den Weg nach meinem Zuhause zu verlieren. Ein altes Thema meiner Träume.
    Umso lieber lese ich Deine Berichte. Liebe Grüße, Gisela.

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    1. Liebe Gisela, Fernweh kann gerade in der heutigen Zeit schmerzlich sein. Also bleibt Dir etwas erspart. Auch Hitze, Gestank, Krankheiten und Missgeschicke, die während einer Reise vorkommen können, machen einen grossen Bogen um Dich. Heimkommen nach einer Reise ist natürlich ebenfalls etwas Schönes und Wichtiges – bis zum nächsten Mal, wenn die Sehnsucht wieder auftaucht. Diese Sehnsucht bleibt, auch wenn man die körperlichen Strapazen nicht mehr auf sich nehmen kann. ✈✈✈🏝🏝🏝 Vielen Dank für Deinen lieben Beitrag, der mich sehr gefreut hat. Liebe Grüsse, Elisa

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  3. Da sitzt Elisa vor ihrem Bungalow und schaut den nächsten Abenteuern mit Spannung entgegen!!!!
    Auch für uns sind diese Art von Reisen Vergangenheit und im Nachhinein staunen wir manchmal, welche Risiken wir in Kauf genommen haben, um unser Fernweh zu stillen. Wir sind dankbar dafür das alles kennengelernt und Land und Leute hautnah in vielen Teilen der Welt erlebt zu haben. Man sieht vieles mit anderen Augen.
    Wir möchten all diese Erfahrungen, Erlebnisse und Begegnungen auf keinen Fall missen.
    Denken wir als Senioren und Seniorinnen mit Demut an diese Jahre zurück und lassen wir uns von Deinen Beiträgen in Erinnerungen schwelken!
    Bestimmt spreche ich damit auch in Deinem und Deines MANNES Sinne. Alles Gute und liebe Grüße
    Ursula

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  4. Liebe Ursula, Du bringst es auf den Punkt: Langsam kommt die Zeit, in der Erinnerungen wichtiger werden als Aktivitäten. Allerdings hat mich das Fernweh noch immer am Schlafittchen, mal sehen, ob noch die eine oder andere kürzere Reise möglich wird, wenn die Pandemie uns wieder mehr Freiheit gibt. Ich finde ebenfalls, dass es wertvoll ist, wenn man fremde Länder bereist und damit seinen Horizont erweitert. Wie Du, bin ich auch dankbar, dass ich so viel habe erleben dürfen. Erinnerungen helfen mir über schwere Momente hinweg wie nichts sonst. Dies gilt insbesondere auch für die Erinnerungen an meinen lieben Bernie, die mit der Zeit zum Glück weder verblassen noch seelenlos werden. Lieben Dank für Deinen weisen Beitrag. Herzlichst, Elisa

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