Cook it, boil it, peel it – or forget it

Wer von Euch Tropenreisenden kennt ihn nicht? Den nützlichen englischen Rat: «Koch es, brat‘ es, schäl‘ es – oder vergiss es.» Nicht immer fällt das leicht, zum Beispiel, wenn man unterwegs von Hunger geplagt wird, oder wenn man weiss, ein Glacé vom fliegenden Händler würde einen herrlich erfrischen. Oder wenn einem in der staubigen Mittagshitze das Wasser im Munde zusammenläuft beim Anblick einer saftigen Ananas, die zwar verlockend aussieht, aber möglicherweise schon vor geraumer Zeit oder gar mit einem schmutzigen Messer zerteilt wurde. In Mauritius war es ein Würstchen, in Marokko ein an einem Marktstand frisch gepresster Orangensaft, die mir zum Verhängnis wurden; folglich ass ich in den Tropen unterwegs nur noch Bananen. Die kann man dann eben selbst schälen, und noch schmackhafter als bei uns sind sie sowieso.

Manchmal sind sie allerdings schwer aufzutreiben. Es machte in jenem Sommer den Anschein, als gäbe es in ganz Java keine Bananen. Und wie fragt man nach einer Frucht, deren einheimische Bezeichnung man nicht kennt? Endlich wurden wir «Bananen»-fündig: nämlich in einer dunklen Markthalle, über deren Eingang in grossen Buchstaben «Selamat Datang» geschrieben stand. Die ersehnten Früchte wurden gleich neben einem Verkaufstisch mit spitzen asiatischen Strohhüten verkauft, wie Reisbauern sie tragen. Bald stand ich wieder draussen, in der einen Hand ein paar Bananen, auf dem Kopf einen ausladenden Kegelhut, der unerwartet schwer auf meinem Scheitel lastete und immer wieder auf die eine oder andere Seite kippte. Ausserdem sah ich lächerlich aus damit, wie ich später im Hotel feststellte. Zur Reisbäuerin muss man wahrscheinlich geboren sein! Ich verschenkte den Hut ohne Reue. Die Bananen waren ebenfalls rasch verzehrt.

Weil wir sie bald wieder essen wollten, fragte ich unseren Taxifahrer täglich nach dem «Selamat Datang», einem Bauernmarkt. Er verstand kaum Englisch, die Worte «market» und «bananas» schon gar nicht, er wiegte bloss verständnislos seinen Kopf von einer Seite zur anderen und schwieg. Weshalb aber reagierte er nicht auf das indonesische Wort «Selamat Datang», das ich extra auswendig gelernt hatte? Es blieb uns nichts anderes übrig, als selbst Ausschau nach einer Markthalle zu halten, während wir Tag für Tag unzählige idyllische Dörfer passierten, um geheimnisumwitterte Tempel oder anmutige Tanzvorführungen zu besuchen. Hochgelegene Tempel kosteten viel Schweiss, galt es doch, Stufe um Stufe bis ganz nach oben zu erklimmen. Endlich entdeckte ich den gesuchten Schriftzug, der sich zusammen mit farbigen Bändern über einer Strasse spannte. «Stop please», rief ich aufgeregt, «hier hat’s einen Markt!» Der Fahrer hielt sofort an, machte aber keine Anstalten, uns da hin zu führen. Ungeduldig wies ich auf die über der Strasse schwebende Banderole und drängte: «Sagen Sie endlich, wo ist der Selamat Datang?» Erst sah er mich ratlos an. Dann, langsam, ging ihm ein Licht auf, und wir erfuhren, was «Selamat Datang» wirklich bedeutet, nämlich nicht «Markt», sondern «herzlich willkommen». Ui, wie peinlich!

Seither gehören zwei indonesische Wörter zu meinem festen Wortschatz: «Pisang» für «Banane» und natürlich «Selamat Datang».  

Ihr findet das überflüssig? Nicht doch! Gewiss: Allein wegen der sanften Tropennächte müssen wir inzwischen nicht mehr nach Indonesien reisen und dort nach Bananen suchen – aber wer diesen bezaubernden Inselstaat kennt, kehrt nur allzu gerne wieder dorthin zurück.

Und wenn nicht, bleibt mir eine tolle Alternative: Ich kann doch jetzt, wenn ich will, überall in der Schweiz indonesische Touristen gekonnt mit «Selamat Datang» begrüssen und ihnen zeigen, wo’s bei uns «pisang» gibt…

Elisabeth, 3. Juli 2019

8 Kommentare zu „Cook it, boil it, peel it – or forget it

      1. Hallo Elisabeth, ich habe im Moment sehr wenig Zeit – in der Schule überschlagen sich die Termine und wenn ich mal nicht eingebunden bin, genieße ich das Wetter. Aber es kommen auch wieder andere Zeiten. 🙂
        Danke für dein Feedback und ganz liebe Grüße….Bea

        Gefällt 1 Person

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