
Habt Ihr schon einmal einen Afrikaner beobachtet, wenn er lacht? Das ist ein wirklich schönes, sinnliches Erlebnis. Das Lachen beginnt tief im Bauch, steigt langsam hoch über Brust und Oberkörper, erreicht unter tiefen, wohlklingenden Lauten das Gesicht. Dort verbreiten sich tausende Lachfältchen wie Sonnenstrahlen, die durch den Nebel brechen. In den schwarzen Augen tanzen helle Lichtblitze, eine unbändige Fröhlichkeit schüttelt den ganzen Menschen. Diese ausgelassene, ansteckende Heiterkeit habe ich ausserhalb Afrikas nirgends sonst gesehen.
Am eindrücklichsten erlebte ich sie an einem Abendessen im piekfeinen Viersternehotel in Johannesburg. Unser schwarzer Kellner, ein Hüne von einem Mann, war in eine enge, grüne Uniform eingezwängt, die seltsam fremd an ihm wirkte. Nach dem Essen bestellte meine Tischnachbarin, eine Schweizerin mittleren Alters, einen koffeinfreien Kaffee – «a coffee without coffein», wie sie sich ausdrückte. Der Mann betrachtete sie einen Moment lang erstaunt und brach dann unvermittelt in ein typisch afrikanisches Lachen aus, das kehlig durch die edlen Räume hallte. Obwohl ich selbst «decaffeinated» gesagt hätte, verstand ich den Grund seiner Heiterkeit nicht, musste aber trotzdem lachen. Als er sich erholt hatte, sagte er: «Sorry Madam, we don’t have.» Da verlangte die Frau einen «tea without teein». Der Mann schaute ungläubig, dann lachte er erneut, so unbändig und laut, dass sich ein paar Gäste nach uns umdrehten. Da riss er sich sichtlich zusammen, sagte wieder: «Sorry Madam, we don’t have», und wartete geduldig auf ihre «richtige» Bestellung. Sie war inzwischen ziemlich enerviert und schnappte: «Then bring me a peppermint tea!» Wie begriffsstutzig war denn dieser Mensch? Doch nun konnte der Mann nicht mehr. Prustend und kopfschüttelnd entfernte er sich von unserem Tisch. Wisst Ihr, was er der Dame kurz darauf brachte? Ein Krüglein gefüllt mit heissem Wasser, das war alles. Sorgfältig, ohne ein Wort, stellte er es vor sie hin.
Eine Woche später verbrachte ich im Naturreservat einen romantischen Abend am offenen Feuer. Der prachtvolle südafrikanische Sternenhimmel spannte sich so still und geheimnisvoll über uns, dass es mir fast den Atem nahm. Nach dem Essen und sanft melancholischen Gesängen vertiefte ich mich in ein Gespräch mit einem weissen südafrikanischen Journalisten, den die damals noch herrschende Apartheid zu Recht umtrieb, und den eine Auszeit ins Reservat geführt hatte. Mit Schwarzen aufgewachsen, kannte er sich in der afrikanischen Seele aus. Nachdem er in meinem strohgedeckten Bungalow, einem sog. Rondavel, auf Fledermaus-Jagd gegangen war und den verräterischen Fledermausdreck von meiner Bettdecke entfernt hatte, erzählte ich ihm die Episode mit dem Johannesburger Kellner, an der ich noch immer herumrätselte. Nach kurzem Nachdenken meinte er: «Ich kann mir denken, weshalb der Mann so gelacht hat. Für ihn tönte es doch wie: «coffee without coffee in» und «tea without tea in», also «Kaffee ohne Kaffee drin» und «Tee ohne Tee drin». Kein Wunder, war er fassungslos.» Nun war ich es, die einen Lachanfall bekam. Bevor mein Begleiter miteinstimmte, sagte er noch: «Warum filtern wir Weissen das Beste, das Koffein, aus dem Kaffee? Eigentlich ist das wirklich komisch, oder?» Wir lachten und lachten – laut und unbekümmert, mitten in der Nacht, bis uns die Tränen kamen. Gibt es etwas Befreienderes als ein herzhaftes Lachen?
Elisabeth, 27.2.2019
Wiedermal ein so beeindruckender Text von dir, danke! 🙂 Du hast das Potential, den Leser mitzunehmen…..
LG Bea
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Liebe Bea, ich danke Dir für Deinen Kommentar, der mir Freude macht. Einen schönen Abend und liebe Grüsse, Elisabeth
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Es hat sich wieder gelohnt, die Seite zu öffnen und Deine nette Geschichzte zu lesen! Ich teile zu 100% Deine Meinung zu den Afrikanern, auch ich habe sie in verschiedenen afrikanischen Staaten so erlebt wie Du es so treffend beschreibst. Deshalb gab es auch keine Berührungsänste im Gegensatz zu anderen….was ich nicht weiter erörtern möchte.
Lustig Deine Geschichte, die ich in ähnlicher Form in Nizza erlebt habe. Ein Bekannter und Reisebegleiter, der dort während des Krieges verweilte, bat uns aufgrund seiner von damals verbliebenen Französischiskenntnisse die Bestellung der Pizzen für uns mit übernehmen zu dürfen. Als die Kellnerin kam und er sich redlich bemühte die Bestellung auf französisch vorzunehen, endete diese nach mehrmaligen Versuchen immer mit einem ungläubigen Schulterzucken der Kellnerin. Wir bogen uns vor Lachen und er versuchte es wieder und wieder… Ein Fingerzeig auf die Speisekarte erlöste uns dann und wir erhielten die gewünschten Pizzen. Aber jedesmal wenn wir uns treffen, erinnern wir uns daran und amüsieren uns noch im Nachhinein. Liebe Grüße Ursula
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Liebe Ursula, wie schön, dass meine Texte bei Dir ebenfalls entsprechende Erinnerungen hervorrufen, und dass Du mit Deinen Schilderungen meinen Blog bereicherst! Ganz herzlichen Dank und liebe Grüsse, Elisabeth
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