Kinoabend

sun covered with coconut tree during sunrise
Photo by Nextvoyage on Pexels.com

Im naturnahen thailändischen Hotel lebten wir in unsern Ferien fast nur im Freien, mal abgesehen von den Platzregen, die uns urplötzlich und sintflutartig heimsuchten, so dass wir unverzüglich ins Innere eines Gebäudes flüchten mussten. Ansonsten assen und tranken wir draussen, machten ausgedehnte Spaziergänge durch Biogarten und Mangrovenwald, duschten in unserem Gärtchen neben dem Miniatur-Teich mit den violetten Lotusblüten, badeten des Nachts in einer Wolke von Mücken, die um unsere vom Poollämpchen erleuchteten Köpfe schwirrten. So musste sich das Paradies anfühlen (nur bitte ohne Mücken…)

Gegen Ende der ersten Woche klebte ein farbiges Plakat an der Säule neben der offenen Rezeption, mit der Information: Heute Open Air Filmabend! Zusammen mit anderen Hotelgäste machten wir uns beim Eindunkeln auf zur grossen Wiese am Ende des Hotelgartens. Das Hotelgelände war nicht eingezäunt. Vom Meer trennte es nur ein Strässchen, auf dem Thailänder des Weges kamen oder auf Mopeds vorbeifuhren, und wo fliegende Händler ihre Dienste anboten, wie der Ice Cream Man oder die Masseuse, die DEN MANN jedesmal, wenn er am Kiosk Zigaretten kaufen ging, mit ihrem strahlendsten Lächeln hereinzulocken versuchte, hinein in das winzige offene Zelt, das den Blick frei gab auf eine schmale Liege, auf der sie sonnenverbrannte, dickbäuchige Touristen kräftig durchwalkte.

Auf der Wiese herrschte ein wirres, doch charmantes Durcheinander: Dutzende Liegestühle standen vor einem altmodischen Filmprojektor, von den Bäumen baumelten farbige Lämpchen und eine Unzahl noch farbigerer, abenteuerlich anmutender Kabel, die Leinwand hing ebenfalls an einem Baum. Wir kuschelten uns in die Liegestühle. Für ein echtes Kino-Feeling drückte man uns ein Getränk und eine Tüte Popcorn in die Hand. Auf dem Strässchen nebenan versammelten sich ein paar Neugierige. Dann begann der Film. Es war eine gute Wahl: eine englische Komödie, die uns zum Lachen brachte. Wir waren ganz versunken, als es nach etwa 20 Minuten auf einmal «Rums!» machte und die Leinwand schwarz wurde. Das Kinopublikum liess die Säckchen mit dem Popcorn sinken, die Neugierigen auf dem Strässchen zerstreuten sich. «Warten Sie, warten Sie,» rief der Filmoperateur, «das haben wir gleich!» Vom Meer wehte eine angenehm kühle Brise, über uns breitete sich ein samtener Sternenhimmel. Die bequemen Liegestühle, die milde Luft und der sanfte Wellenschlag am Ufer lullten uns ein, machten uns geduldig. Aber dann «hatte es der Filmoperateur doch nicht gleich», im Gegenteil, er musste die Übung abbrechen. Auf dem Weg zurück zum Bungalow werweissten wir, wie der Film wohl weitergegangen wäre. Einerlei! Hatten wir je einen romantischeren Kinoabend erlebt?

19.9.2018, Elisabeth

2 Kommentare zu „Kinoabend

  1. Hallo Elisa,
    das Lesen Deiner Thailand-Geschichte war wieder ein Genuss und erinnerte mich an ein Erlebnis unseres Thailandurlaubes, welches zwar einige Jahre zurück liegt, aber ergänzend kurz erzählt werden soll: Der Mann meiner Bekannten musste natürlich die angepriesenen Dienste der hübschen Masseusen ausprobieren und vereinbarte einen Termin, auch in einem Zelt Nähe Strand. Als er nach einer Stunde noch immer nicht erschien,wurde meine Bekannte immer unruhiger und bat mich letztendlich doch mal mit ihr nachzuschauen, was sich da im Zelt so tut. Wir schlichen zunächst um das Zelt herum und wussten nicht recht, wie wir es anstellen sollten ohne in den Verdacht von eifersüchtigen Ehefrauen zu kommen. Noch bei diesen Überlegungen trat mein Bekannter voller Begeisterung über die Massage aus dem Zelt, schaute in unsere fragenden Gesichter und verkündete: Morgen gehe ich wieder, habe schon einen Termin vereinbart!
    Meiner Bekannten sah ich an, dass sie diese Begeisterung nicht teilte. Im Nachhinein haben wir noch oft darüber gelacht. Beste Grüße von U r s u l a

    Like

    1. Eine herrliche Geschichte, liebe Ursula. Da wäre ich bestimmt auch ums Zelt herumgeschlichen! Wir Frauen wittern rasch Gefahr, manchmal ist’s unnötig, manchmal auch nicht. Ob die junge Französin, die in Ko Samui im thailändischen Kochkurs neben mir kochte, sich zu Recht sorgte? Ihr Mann, der zum Essen eingeladen war, kam und kam nicht. Obwohl in den Flitterwochen (oder vielleicht gerade deshalb), geriet sie derart in Unruhe, dass sie mit ihren zitternden Händen und fahrigen Gedanken das Essen verpfuschte. Als der Ersehnte endlich kam, war es völlig ungeniessbar. Er verzieh ihr grosszügig…

      Like

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s